640
Literatur.
betitelt ist, zum Gegenstande einer eingehenden, warm und verständig geschriebenen Abhandlung, Das Bild ist ganz dazu angethan, das Nachdenken zu reizen: Eine schöne Frau wird von eiuem Centauren über eiu dunkles Gewässer getragen, ans welchem sich geradhalsige Schwäue wiegen und in welchem sich schlanke Pappeln spiegeln. Zwei Nixen, die sich von einer dnnkeln Felsenlandschaft abheben, suchen die Reiterin zurückzuhalten. Drüben am Ufer aber winken ideale Francngestalten, die sich um einen Altar her grnppiren; hinter ihnen eine italienische Landschaft, Was bedeutet das Bild? Sein Schöpfer selbst hat sich hinsichtlich dieser Frage bis heute in vollständiges Schweigen gehüllt nnd es sich ruhig gefallen lassen, daß sein Werk um einiger technischen Eigentümlichkeiten willen viel umstritten, seinem ganzen Gehalt nach von dem Abgeordneten Angnst Reichenspcrgcr am 23, Februar 1330 zum Gegenstand eines bittern Angriffes gemacht worden ist, Hanck sucht nun in wirklich scharffinniger nnd geistvoller Weise darznthnn, daß das Bild an eine Szene aus der „klassischen Walpurgisnacht" (Faust, 2, Teil) anknüpfe, wo der den Faust über den Fluß Pcneios tragende Centaur Chiron erzählt, daß er ganz ebenso einst die Helena über das Wasser getragen habe, und er faßt seine Ansicht in deu Worten znsainmen: „Unser Bild giebt uns nicht sowohl jene Gocthische Szene wieder, als vielmehr die ganze Fülle von Gedanken und Ideen, zu denen dieselbe den Künstler angeregt hat," Anch das Nebensächliche wird von Hanck scharfsinnig, nur unsers Erachtens nicht vollständig genng gedeutet. Ob Böcklin wohl daran gethan, in das fragliche Bild so viel hineinzugeheimnisscn, daß zn seiner nur versuchten Erklärung eine 60 Seiten starke Abhandlung nötig erscheint, darüber wird man vcrschicduer Meinung sein können. Die Schrift selbst aber ist ein Beleg dafür, wieviel dem schncllfcrtigen Absprechen des Tages gegenüber ein bedeutendes Werk demjenigen erschließt, die sich liebevoll darein versenkt und lieber geistreich lobt als geistreich tadelt.
AnS Herz der Heimat! Erzählung von Fritz Bley. Mit eiuem Titelbilde von Peter Janssen. Düsseldorf, L. Voß u, Co.
Was unsre Kunstartikcl schon seit Jahren mit Eifer bekämpft haben, das schwindelhafte, hohle Virtuosentum in den bildenden Künsten, das wird hier ebenso eifrig in novellistischer Form befehdet. Indem der Verfasser schildert, wie ein Virtuose des Pinsels, der jedes ideale Streben verlacht uud nur nach den oberflächlichen Farbenkünstlern an der Seine, hinüberschielt, nach mühelos durch Reklame nnd Humbng erlangten Erfolgen schnell moralisch nnd physisch zu Grunde geht, will er zugleich andeuten, daß diese ganze Kunst kein besseres Schicksal verdient, als ihr typischer, mit treffenden Strichen charakterisirter Vertreter. Ihm stellt er zn wirksamem Kontrast einen Landschaftsmaler der idealen Richtung gegenüber, der seine Kraft aus dem Herzen der Heimat schöpft nnd im festen Vertrauen auf die künstlerische Begabung des deutschen Volkes mit dem Banner der nationalen Kunst dein fremdländischen Wesen die Spitze bietet. Ein Förstcrhaus im Harz und seine waldcsfrische Umgebung sind der Schauplatz dieser Künstlernovelle, deren düstere Momente iu reizvollen und begeisterten Naturschilderungen ein freundliches Gegengewicht finden. In diesen Landschaftsbildern entfaltet der Verfasser eine nicht geringe poetische Kraft, und hie und da weiß er einen so lebendigen, humorvollen Ton anzuschlagen, daß wir nur wünschen können, dem feinsinnigen und scharf beobachtenden Kunstkritiker der Kölnischen Zeitung noch öfter als Erzähler zu begegnen.
Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunvw in Leipzig, Verlag von F. L. Herbig in Leipzig. — Drnck von Carl Marqnart iu Rcudui^Lcipzig.