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Fortschritte der sozialpolitischen Debatte. 2.
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Fortschritte der sozialpolitischen Debatte.

Heber der katholische Kongreß in Düsseldorf bestimmter als Richtschnur für die katholische Thätigkeit zusammenfassen sollte. Knrz zusammengefaßt gestalten nun die Thesen die sozialpolitischen Aufgaben etwa in folgender Weise. Indem die Handwerkerfrage im Haider Programm vorangestellt ist, fordert dasselbe getrennte Behandlung von Handwerk, Großindustrie und Hansindustrie. Der Handwerker­stand wird in Verbindung mit dem Staude der Landwirte als Hauptstütze des soziale» Zusammenhanges bezeichnet, und seine Neubcfestiguug wird für eine so­ziale Notwendigkeit erklärt. Gegenwärtig jedoch befindet sich der Handwerker­stand in Desorganisation, welche dnrch obligatorische Innungen nnd durch Hand- werkerkammern nach Analogie der Handelskammern überwunden werden soll. Auch sollen, ebenso wie gegenwärtig Handelsgerichte für Handelsstrcitigkeiten be­stehen, Hnndwerkergerichte für die Klagen ans dem Arbeitsgebiete errichtet werden. Sowohl Meister als Gesellen nnd Lehrlinge sollen innerhalb dcr Handwerker­zunft ihre begrenzten Rechte und Pflichten angewiesen erhalten. Dem Meister ist ein Befähigungsnachweis aufzuerlegen, und ebenso soll dcr Lehrling, bevor er zum Gesellen erklärt werden kann, durch eine Prüfung seine genügende Aus­bildung erweisen. Die Gesellen sollen vou den Zünften im handwerksmäßigeil Sinne geleitet und während der Wanderschaft sowohl moralisch als materiell unterstützt werden; zur Kontrole sollen die Arbeitsbücher dienen. Desgleichen sollen die Lehrlinge insbesondre moralisch sorgfältig geleitet werden; die kirch­lichen Pflichten derselben werden mehrfach betont nnd die Hiuleitung dazu wird der Zunft zur Pflicht gemacht. Umsvweniger läßt sich der Borwnrf der Zen- trnmspresse begreifen, daß dnrch das Programm ans Kosten dcr Kirche die staatliche Allmacht gefördert werde. Indem aber wohl das Programm hinsicht­lich der moralischen Angelegenheiten uud hinsichtlich gewisser Äußerlichkeiten die Beeinflussung durch die Zunft verlangt, fehlt hinsichtlich der sozialpolitisch am schwersten wiegenden Frage, nämlich hinsichtlich der Ausbeutung der Lehrlinge, die seinerzeit nicht wenig dazu beigetragen hat, das allerdings verzopfte Zunft­wesen um den letzten Kredit zu bringen, jede Andeutung. Hier aber hätte vor allem augesetzt werden müssen, und hier vor allem sind strikte Grundsätze not­wendig. Auch die Grundzüge hinsichtlich des Meistcrvcrhältnisses, wie sie in den Haider Thesen gegeben werden, zeichnen sich nicht durch Sicherheit aus und scheinen uns nicht den Kern der Sache zn treffe». Allerdings sollen die Zünfte möglichst selbständig die Verhältnisse der Znnftgenossen untereinander regeln, sie svlleu wirken für Hebung des Standesbewußtseius, sollen auch die Güte der vvn den Meistern gelieferten Arbeitet! kontroliren. Sie sollen ferner gewerb­liche Fachschulen errichten nnd kontroliren: sodann sollen sie allerdings nö­tigenfalls unter Staatshilfe für Errichtung gemeinschaftlicher Betriebswerk­stätten und Magazine, sowie für Regelung des Kreditwesens wirksam sein. Endlich soll durch die Innungen die gewerblich-soziale Vereinsthätigkeit, die Gründung von LchrlingSanstalten, Gesellenhospizen nnd sonstigen charitativen