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Das neue Aktiengesetz :
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Das neue Aktimgesetz,

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dachte Vorschrift wird der geknickten Moral wieder etwas auf die Beine helfen, denn bisher haben es verschiedene Vorstandsmitglieder und Aufsichtsräte ver­standen, mit fremdem Gelde zu ihrem eignen Nutzen zu wirtschaften.

Der Entwurf enthält endlich »och eine Reihe von Übergangsbestimmungen, welche darauf abzielen, soweit es ohne Schädigung bereits erworbener Rechte angeht, die Vorschriften des Entwurfs nicht bloß auf die noch zu gründenden, sondern auch auf die bestehenden Gesellschaften anzuwenden. Es wird dies die Reinigung eines Augiasstalles werden; hoffen wir. daß der Besen scharf genug sein wird.

Die Motive bringen noch ein besondres Kapitel über die ausländischen Aktiengesellschaften und den Handel in auswärtigen Aktien, Diese Frage er­scheint uns von ganz besonderer Wichtigkeit; denn wir wissen, daß das Geld kosmopolitisch ist, und wenn sich sogar während des französischen Krieges deut­sches Geld gefunden hat, um eine Anleihe des Landesfeindcs aufzubringen, so wird sich nicht minder deutsches Geld finden, um im Auslande Aktiengesellschaften zu gründen und mit ihren Waaren die deutschen Börsen zu überschwemmen. Die Motive des Entwurfs suchen nachzuweisen, daß dessen Vorschriften im allgemeinen auch auf die Errichtung von Zweigniederlassungen auswärtiger Ge­sellschaften Anwendung finden werden, geben aber zu, daß doch ein sehr erheb­licher Teil der Gründungsbestimmungen für diese ausgeschlossen sein muß. Uns erscheint dies bedenklich, und wir hoffen, daß die weiteren Stadien der Beratung dieses Bedenken beseitigen werden. Wenn eine ausländische Gesellschaft im Jn- lande eine Zweigniederlassung gründen will, so muß sie für diese alle Vorschriften erfüllen, welche das inländische Recht für eine Hauptniederlassung aufstellt. Eine solche Folgerung kann man sogar bei gutem Willen schon der bestehenden Gesetz­gebung entnehmen; wir sehen nicht ein, warum eine ausländische Gesellschaft besser gestellt sein soll als eine inländische, warum das deutsche Reich die im Entwurf festgesetzte!? Kautelen nur den Inländern und nicht auch den Ausländern gegenüber für erforderlich erachtet, und warum es den einheimischen Gründern, wenn sie unsre Gesetze umgehen wollen, so leicht gemacht werden soll, den Sitz der Gesellschaft über die Grenze zu verlegen und im Jnlcmde eine Zweignieder­lassung zu gründen/ Mögen doch die auswärtigen Staaten Nepressalie üben, wir haben sie nicht zu fürchten, und ein bloßes Nachgeben dem Ausland gegen­über ist unpraktisch und unpolitisch. Dagegen müssen wir dem Entwurf zugeben, daß er selbst nicht den Handel mit auswärtigen Aktien an der Börse verhindern kann. Hier liegt ein schweres Hemmnis vor, das nur im Rahmen eines Börsen­gesetzes geregelt werden kann. Denn hier handelt es sich nicht bloß nm Aktien, sondern auch um schwiudelhafte Anleihen bankerutter Städte und Staaten. Die Regelung dieser Frage wird auf große Schwierigkeiten stoßen, denn sie berührt die internationale Bilanz und Beziehungen von hohem finanzpolitischen Interesse. Der Entwurf ermahnt in seiner Begründung die Börsenvvlstünde, bei der Zu- Grcnzboten IV 1883, 44