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Das neue Aktiengosetz.
Versammlung sich selbst einen Vorsitzenden wählen kann. Die Stellnng eines solchen ist von großem Einfluß, namentlich wenn es sich nm Maßregeln gegen die Organe der Verwaltung und den Anfsichtsrat handelt. Verstärkt ist besonders — uud wie wir glauben mit Recht — die Befugnis der Generalversammlung bei Abnahme der Bilanz; die Vorschriften des Entwurfs sorgen dafür, daß deren Prüfung uud die Dechargeerteilung uicht bloß eine Formalität ist. Jeder Aktionär erhält die Möglichkeit, von den wichtigsten auf die Bilanz bezüglichen Materialien Einsicht zu nehmen. Für die Aufstellung hat der Entwurf sehr eingehende Grundsätze aufgestellt, die freilich nicht erschöpfend sein können, aber doch verhindern solle», daß die Ansätze in zu rosigem Licht und die Dividenden zu groß ausfalle». Eudlich ist durch einen obligatorischen Reservcfond für die Zeiten der Not Vorsorge getroffen.
Der Entwurf hat aber auch noch einen erheblichen Schritt weiter gethan. Nach dem bestehenden Recht ist die Minorität schutzlos der Willkür und dem Belieben der Mehrheit preisgegeben, und die ungesetzlichsten Maßregeln konnten ausgeführt werden, wenn die Machthaber es verstanden, sich die nötigen Stimmen zu verschaffen. Gegen diese Ausbeutung des Mehrhcitsprinzips haben sich zahlreiche Stimmen erhoben, während wieder von andrer Seite darauf hingc- wiescu wurde, wie leicht durch die Gewährung eines Schutzes an einen einzelnen Aktionär oder an eine Minderheit eine Art von Rcvvlvcraktionciren entstehen könnte. Der Entwurf hat diese entgegengesetzten Stimmuugen versöhnt. Dem einzelnen Aktionär ist nur das Recht gegeben, gesetz- und statntenwidrige Beschlüsse der Generalversammlung anzufechten. Zwar würde man auch jetzt schon eine solche Befugnis als vorhanden annehmen müssen, allein sie ist in keiner Weise näher geregelt, nud deshalb konnte auch nur selten davon Gebrauch gemacht werden. Ob sich der Entwurf nicht auch noch eines zu starren Lakonismus schuldig gemacht hat, wird eine genauere Prüfung in den Stadien der legislativen Beratung zu ergeben haben. Diesem erwähnten Rechte des einzelnen Aktionärs stellt sodann der Entwurf zwei Minoritätsrcchte zur Seite. Der fünfte Teil des Grundkapitals kann die Gesellschaft zwingen, ihre etwaigen Ansprüche aus der Gründung oder Gcfchäftsführnng gegen die ihr Verantwortlichen Personen geltend zu machen; Aktionäre, welche den zehnten Teil des Grundkapitals vertreten, können beim Handelsgericht die Ernennung außerordentlicher Nevisorcu beantragen, sofern sie glaubhaft macheu, daß bei Gründung, Geschäftsführung oder Liquidation Unredlichkeiten oder grolie Verletzungen des Gesetzes oder des Gescllschaftsvertragcs stattgefunden haben.
Eine Reihe von Detnilvvrschriften dient zur näheren Ausführung dieser Grundsätze, mit denen der Entwurf eine» neuen und, wie uns scheint, annehmbaren Weg bei Lösung der in Betracht kommenden Fragen betritt. Die Minderheit ist eine respektable, man muß annehmen, daß eine solche Vertretung des Grundkapitals nicht chikcmös vorgehen wird, znmnl da sie ja auch für frivole An-