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Vorliebe aufzusuchen pflegten. Aber die Neigung für eine rein literarische Existenz ward dadurch nicht besiegt, und nach seiner Verheiratung mit einer gleichfalls poetisch begabten jungen Dame, Fräulein Luise von Gall, trat er bei der Redaktion der „Allgemeinen Zeitung" ein und nahm seinen Wohnsitz einige Jahre hindurch in Augsburg. Vou dort siedelte er nach Köln über und leitete mehrere Jahre hindurch das Feuilleton der „Kölnischen Zeitung." In diese Zeit fielen auch seine Wanderjahre im weitern Sinne; Paris und Rom, die er nicht bloß von außen sah, sondern auch gesellschaftlich kennen lernte, fesselten ihn längere Zeit. Über seine italienische Reise hatte schon das Buch „Eine Römerfahrt" berichtet, welches im Strudel von 1848 unterging, über Erlebnisse und interessante Begegnungen der ganzen mittleren Periode von Schückings Leben teilen die mehrerwähnten Lebenserinncrungcn Prätensionslos viel Interessantes mit.
Von 1852 wohnte Schücking abwechselnd in Köln, Münster und auf einem ihm gehörigen Gute Sasfenberg bei Warendorf. Die Sammlung seiner „Ausgewählten Romane," welche in zwei Folgen von je zwölf Bänden (1864 nnd 1874) erschien, bedeutete keineswegs einen Abschluß seines literarischcn Lebens. Fast alljährlich verließen neue Schriften des Autors, wie schon angedeutet, sehr ungleichen Wertes, die Presse. Die Lust des Fabulirens blieb in ihm mächtig, auch nachdem er längst ausgesprochen, was es ihn zu sagen drängte, und die Schückingsche Produktion ging daher zuletzt beträchtlich mehr iu die Breite als in die Tiefe. Aber immer fuhr er fort, der Literatur wirkliche Dienste zu leisten, seine Übertragung vou Rousseaus „Bekenntnissen," seine Thätigkeit für Herausgabe der letzten Gaben seiner Freundin Annette von Droste- Hülcchoff, das Lebensbild derselben, eine Reihe seiner Aufsätze und Kritiken für die „Allgemeine Zeitung" und die „Kölnische Zcitnng," seine Bilder aus Westfalen und mancherlei andre Arbeiten wogen ein paar oberflächliche Romane und Novellen wohl auf. Und überdies gehörte er auch darin zu den schwer zu charaktcrisirenden Talenten, daß er nach einer Folge von flüchtigen Produkten wieder Bedeutendes hervorzubringen wußte. Zwei seiner besten und gehaltreichsten Romane „Luther in Rom" und „Die Heiligen und die Ritter" gehörten der Spätzeit an. Wie seine letzten Lebensjahre verliefen, wissen wir nicht, jedenfalls wird es ihm bis zuletzt nicht an Freunde» gefehlt haben, deren einer das von ihm selbst entworfene Lebensbild vervollständigen und ergänzen mag.
Leviu Schückings Erstlingsromane erschienen in den vierziger Jahren: „Ein Schloß am Meer" 1843 und „Die Ritterbürtigen" 1845. Sie gehörten der Übergangszeit zwischen den Tendenz- und Reflexionsprodukten der jungdeutschen Periode und zwischen den Bestrebungen cm, sich wärmer und inniger an die . Erscheinungen hinzugeben, die in die poetische Anschauung fielen. Schücking war nicht völlig frei geblieben von den Einwirkungen des kapriziösen, unerquicklich journalistischen, nach Geist haschenden Stils der eben verflossenen Zeit.