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Georg lvaitz.
zurückgezogen hatte, wurde sie ausgearbeitet. Als er dann nach Berlin zurückkehrte, war die Zeit anfänglichen Zweifels zu Ende, das Studium der Geschichte svllte Lebensaufgabe sein. Sie ist es geblieben. Zunächst galt es, die akademische Doktorwürde zu erringen. Die Dissertation führte den Beweis, daß in dem ersten Teil der sogenannten Ursperger Chronik ein eignes, selbständiges Werk erhalten sei, die Chronik Ekkehards von Aura. Hierdurch, sowie durch die in Gemeinschaft mit Siegfried Hirsch durchgeführte kritische Prüfung der Echtheit und des historischen Wertes der Cvrveyer Chronik, die als eine Fälschung Falles enthüllt wurde, zeigte sich die glänzende Befähigung des jungen Gelehrten für Untersuchung und Bearbeitung mittelalterlicher Geschichtsquellen. Die Herausgabe unsers großen nationalen Quellenwerkes, der Normmöutg, 6srma.nms nistoiiczg., hatte bis dahin fast ausschließlich auf Georg Heinrich Pertz' Schultern geruht. Jetzt wurde Waitz von diesem zur Mitarbeiterschaft berufen. Fünf und ein halbes Jahr gemeinsamer Arbeit verband die beiden Männer, eine herzliche Freundschaft entstand und bestand bis zum Abscheiden des Meisters. Als Erstlingsausgabe erschienen die drei Bücher Sachsengeschichte des Widukind, jenes Mönches von Corvey, der von allen mittelalterlichen Geschichtschreibern am meisten den: alten Herodvt an Ursprünglichkeit des Empfindens und Verichtens gleichkommt, eine echte Volksgeschichte, die mit unverkennbarem Behagen die alten niedersächsischen Sagen von des Volkes Ankunft im Lande Hadeln wiedergiebt, um dann bei den beiden Königen, die des Sachsenstammes Stolz sind, bei Heinrich I. und Otto I., breit auszulaufen. Schon von seinen Studien für die Jahrbücher des deutschen Reiches her war Widukind für Waitz ein liebenswertes Buch geworden; wie diese Vorliebe fast fünfzig Jahre angehalten, ersehen wir aus der dritten kleinen, vor kurzer Zeit hergestellten Separatausgabe. Eine gewaltige Menge andrer Ausgaben schloß sich an, viele wurden in jener Zeit des Hcmnoverschen Aufenthaltes geliefert, andre begonnen und später in Kiel oder in Göttingen beendet. Hervorzuheben aber ist hier, daß zuerst in den von Waitz besorgten Ausgaben der NoiiuinWtg, LlsrmMiÄö niswriog. sich jene strenge philologische Methode zeigt, die an den klassischen Autoren geübt und gelernt, nun mit dem größten Gewinn auf die Erzeugnisse unsrer einheimischen mittelalterlichen Historiographie übertragen wurde; zuerst in seinen Ausgaben ist der Grundsatz angewandt, von Vorgängern entlehnte Partien durch kleineren Druck kenntlich zu machen. Meisterhaft in dieser Beziehung, Vorbild für alle spätern Herausgeber siud die beiden in dem sechsten Bande der Kerixtorss aufgenommenen Ausgaben des Ekkehard von Aura und des Annalista Saxo. Beim Ekkehard kam es neben der Feststellung des Entlehnten hauptsächlich darauf an, die zahlreichen Handschriften nach Familien zu ordnen, das Entstehen und die stete Fortarbeit des Chronisten übersichtlich darzulegen. War beim sächsischem Annalisten die Arbeit leichter, weil nur eine Handschrift zu berücksichtigen war, so gestaltete sich auf der andern Seite die