Literatur.
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Wir unsrerseits brauchen unsre Ansicht über Niemanns Roman nicht anszusprechen, denn die Thatsache, daß wir ihn in dieser Zeitschrift abdruckten, spricht deutlicher, als Worte sprechen können. Wir erwähnen nur, daß die bedeutendsten Organe der Presse den Roman für den geistvollsten der neuern Zeit erklärt haben, und der Umstand, daß er jetzt in mehrere andre Sprachen übersetzt wird, bestätigt unsre gute Meinung von ihm.
Literatur.
Rheinsberg, Friedrich der Große und Prinz Heinrich von Preußen. Von Andrew Hamiltvn. Mit Bewilliqnng des Verfassers nus dem Englischen übersetzt von Rudolf Dielitz. Zweiter Band. Berlin, R. von Deckers Verlag, 1883.
Wie im ersten Bande des Hamiltonschen Werkes die in Rheinsberg verlebte Jugendzeit Friedrichs des Großen im Mittelpunkte der Darstellung stand, so bildet das Leben des Prinzen Heinrich, der von seinem Bruder Rheinsberg erhalten hatte und sich meist hier aufhielt, den Kern des zweiten Bandes. Mit liebevoller Sorgfalt hat der Verfasser die Thätigkeit wie das geistige Lebe« des hochbegabten, in vielen Dingen an seinen großen Bruder erinnernden Prinzen zu erforschen gesucht, uud fleißig hat er den allenthalben zerstreuten, überreichen Stoff zusammengetragen, und wenn er auch uicht gerade neues gefunden hat, so ist es ihm doch gelungen, eine überaus anziehende, lebensvolle Schilderung von dem Treiben Heinrichs und seines Hofes zustande zu bringen, die kein Leser, ohne Genuß gehabt zu haben, aus der Hand legen wird. Ungezwungen schließen sich noch einige Prächtige Bilder aus der Mark Brandenburg an die Beschreibung des Schlosses Rheinsberg und seiner großen Zeit an, in denen Hamilton nach Fontanes Art geschichtliche Erinnerungen mit der Schilderung von Land und Le tten verbindet. So werden Köpernitz, die Remusiusel, die Stadt Rheinsberg, der Menzer Forst, die Haide, Zechlin, Zernikow, Orte und Gegenden, die zu Friedrichs uud Heinrichs Aufenthalt iu Rheinsberg iu Beziehung stehen, ausführlich geschildert, wobei der Verfasser eiu feines Verständnis für die Eigentümlichkeiten der Landschaft wie für die Art der Bewohner zeigt. Auch ans mancherlei Personen und Zustände der Gegenwart kommt er zn sprechen, und die Ansichten, die er dabei äußert, die Urteile, die er fällt, deute» stets auf eiueu kenntnisreichen und einsichtsvollen Mann. Eines seiner Urteile meinen wir hier anführen zu sollen, da es in dem Munde eines Engländers, wie um des Mannes willen, auf den es sich bezieht, nicht uninteressant ist. Er spricht von den Augriffen, welche der alternde Friedrich im eignen Lande erdulden mnßte, und sagt dann: Unwillkürlich wird man daran erinnert, wie man im heutigen Berlin einen andern gewaltigen Mann behandelt, nnd man gedenkt der schöne» Worte, die Goethe im Jahre 1778 über einen Besuch in Potsdam uud Berliu nn Merck schreibt. Dort heißt es am Ende: „Tausend Lichter gingen mir auf, und dem Alten Fritz bin ich recht nah worden. Da hab' ich sein Wesen gesehen, sein Gold, Silber, Marmor, Affen, Papageyen und zerrisseneu Vorhänge, uud hab' über den großen Menschen seine eigenen Lumpenhuude räsonuiren höreu."
Die Übersetzung von Dielitz scheint in jeder Hinsicht gelungen zu sein.
Gesammelte Vorträge und Aufsätze von Karl Bartsch. Frcilmrg i. B. und Tübingen, I. C. B. Mohr, 1883. V und 404 S. Unter diesem Titel hat der auf dem Gebiete der germanischen wie der romanischen Sprach- und Literaturforschung gleich ausgezeichnete Verfasser eine Reche