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Die Grafen von Altenschwerdt : Roman :
(Fortsetzung.)
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Die Grafen von Altcnschwerdt.

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So war Eberhardt gezwungen, weiter nach dem offnen Meere hinauszusteuern, uud seine Gefährten bemühten sich, durch Nudern die treibende Kraft des Segels zn ersetzen. Es war ein Glück für sie, daß der Sturm, welcher bis jetzt stoß­weise geblasen hatte, indem er nun anfing heftig zu werden, allmählich nach Osten herumging. So wurden die Anstrengungen der Ruderer unterstützt, denn der starke Wind trieb das Schiff auch ohne Segel vor sich her, und die Scha­luppe verfolgte ihren Lauf in der beabsichtigten Richtung nach dem Thurme des Grafen hin, der jetzt in der Ferne auftauchte. Der Himmel war Heller ge­worden, lein Tropfen Regen siel.

Doch mit finsterer Stirn und in trüben Gedanken sah Eberhardt nach dem Thurme hin, über die vom Sturme aufgewühlte Fläche weg. Wenn es ihm wirklich gelang, mit dem Boote die Stelle zu erreichen, wo er Dorothea er- warteu wollte konnte er es unternehmen, die Geliebte in eine solche Gefahr zu bringen? Die Stärke des Windes ließ nicht nach, die See wurde mit jeder Minute aufgeregter, fast jede herankommende Welle spritzte mit ihrem an Bord schlagenden Kamin den Schaum herein, und die Kleidung der Fahrenden war schon gcmz durchnäßt. Was sollte daraus werden, wenn das Boot noch meilen­weit die Küste entlang fahren sollte? Aber auch schou das Heranbringen des Fahrzeugs ans Land mußte die größten Schwierigkeiten bieten. Als Eber­hardt das Steuer allmählich zu dreheu anfing, warnte ihn der Schiffer, besorgt vor deni Anprall an die Felsen. Aber Eberhardt erwiederte mit fester Stimme: Es hilft nichts, mein Frennd, wir müssen heran.

Schon konnte er die dnnklc Wand schräg vorwärts unterscheiden, wo er anzulegen beabsichtigte. Die Wellen tanzten mit ihren Häuptern daran empor, uud mit großer Schnelligkeit drang das Boot jetzt vorwärts.

Haltet die Nuder vor! rief Eberhardt.

Andrew und der Schifferssohn, der eine das Ruder, der andre einen Boots­haken in den Fäusten, neigten sich vor und streckten ihre Waffen aus, um den erwarteten Anprall an die Steinwand zu lindern. Aber mit unüberwindlicher Gewalt trug eine starke Woge das schwere Boot. Mit einem langen Schwall kam die Schaluppe auf ihrem Rücken heran, rollte mit der Seite gegen den Felsen, und krachend zersplitterten die vorgestreckten Hölzer. Das Boot streifte schrammend den Stein und ward mit dem Zurückgehen der Woge wieder von ihm entfernt. Im nächsten Augenblicke war es schon vom Sturme weiter ge­trieben und hatte den Landungsplatz im Rücken, jetzt war es in einer Höhe mit dem alten Thurm uud der Wohnung des Grafen, und mit Grimm im Herzen sah Eberhardt diesen ersehnten uud ihm teuern Platz zurückweichen. Es schien, als wollte der Sturm seiner Hoffnung spotten. Er ward stärker und stärker, nnter dem Eindruck der warnenden Rufe des Schiffers sah Eberhardt sich wider­willig gezwungen, das Steuerruder hart anzulegen und hinauszufahren in die offene See, um nicht an den scharfeu Klippen in der Nähe des Landes zu scheitern.

An ein Wenden war nicht zu denken. Nur die größte Aufmerksamkeit konnte es verhüten, daß das Boot nicht im Andrang der tobenden Wellen sich mit Wasser füllte. Es bedürfte aller Kunst und Kraft, um nur das Leben zu erhalten. So steuerten die Verschlagenen hinaus auf die Höhe, wo es ruhiger war, und von wo die Gegenstände am Lande sich nur noch undeutlich zeigten, zogen, ermattet vom Rudern, das Segel auf, legten es nahe an den Wind heran nnd steuerten nördlichen Kurs, um nicht an die Küste von Rügen getrieben zu