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Was im Lollegium Germanicum gelehrt wird.
verstanden werden, die zu dein Zweck im Verhältnis stehen; soweit man aber darnnter Mittel begreift, die an sich nnd ihrer Natnr nach rein geistig sind, widerspreche ich. Denn wer nicht ganz unverständig ist, der weiß, daß die Menschen, deren Geist mit dem Körper verbunden ist, durch rein geistige Mittel nicht in Bewegung gesetzt, gebessert, gezwungen uud zu einem weuu auch geistige» Ziele geführt werden können. Daß der Inhalt, die Eigenschaft und das Verhältnis der Mittel durch die Notwendigkeit des Zweckes zu bestimmen sind, ist schon oben gesagt.
0) Was den dritten Gruud betrifft, daß die Kirche nach Luc. XXII, 25 nnd 26*) vor aller Herrschaft Abscheu haben solle, so ist zu unterscheiden. Daß die Kirche alle Herrschaft zu verabscheuen hat, sofern unter dem Ausdruck ein Geist des Ehrgeizes verstanden wird, vermöge dessen jemand sich andern unterwirft zum Zwecke seines persönlichen Ruhmes oder seines Privntvvrteils, räume ich ein; sofern darunter aber das Amt verstauben wird, zu regiereu uud die zweckdienlichen Mittel in geeigneter Weise anznwenden, so bestreite ich das. Das letztere würde nämlich heißen, daß die Kirche Abscheu Vor ihrem Amte haben solle, was nicht unr gottlos, souderu auch alberu wäre.
t) Weuu die Rede davon ist, die Menschen durch äußere Einwirkungen auf ein kirchliches Ziel, d. h. auf die ewige Seligkeit hinzulciteu, so mache ich einen Unterschied. Daß die Freiheit Vor Zwang bewahrt sein mnß in Betreff der Ungläubigen, die an die Kirche heranzurufen sind, gebe ich zu, iu Betreff der Getaufte» aber, welche dcrFürsorge und der Gewalt der Kirche unterworfen sind, stelle ich es in Abrede. (Dazu vergl. man I^riv. Z 58: Diejenigen, welche den Charakter der Taufe tragen, sind an und für sich den Gesetzen der Kirche unterworfen, mögen sie Katholiken sein oder Ketzer, Apostaten u. d., indessen kann die Kirche sie, wenn sie will, dann und wann von dem Gesetze eximiren.) . . .
1) Daß alle Kirchenlehrer der Kirche das jus ^laSii absprächen, ist ein Irrtum; es fehlt nicht nn Gelehrten, die sogar den härtesten Tadel gegen diejenigen äußern, welche dem Papste und dem allgemeinen Konzile eine solche Gewalt absprechen wollen. Die unmittelbare Ausübung dieses Rechtes ist den niedern kirchlichen Behörden allerdings durch Kirchengesctze untersagt. Was dagegen den Papst uud das allgemeine Konzil betrifft, deren Gewalt durch keiuc Kircheugesetzc beschränkt werden kaun, so ist ohne Zweifel daran festzuhalten, daß dieses Recht ihnen mittelbar zusteht, d. h., daß sie von einem katholischen Fürsten verlangen können, daß er die Todesstrafe über die Delinquenten verhänge, wenn das eine kirchliche Notwendigkeit ist. Es läßt sich aber auch durch nichts beweisen, daß ein solches Recht von dem obersten Beamten der Kirche im Falle der Notwendigkeit nicht auch unmittelbar ausgeübt werden könne. Das Naturrecht, uach welchem die Kirche eine vollkommene Gesellschaft ist, lehrt das Gegenteil, und ans dem positiven göttlichen Rechte kann keine Stelle angeführt werden, die ein Verbot enthielte. Das einzige Argument, welches etwas triftiger erscheint, nämlich der immerwährende Nichtgebranch, hat doch nicht die Kraft eines vollen Beweises, da sich nicht uachweiscu läßt, ob der Nicht- gebrauch von einem Mangel au Gewalt, oder nicht vielmehr von einem Mangel an Gelegenheit herkommt, das letztere entweder, weil von dem Gebrauche des Rechtes ein erheblicher Schade» zu befürchte» gewesen wäre, oder weil die Dienste der bürgerlichen Gesellschaft zur Verfügung gestanden hätten.
*) Er aber sprach zu ihnen! Die weltlichen Könige herrschen, und die Gewaltigen heißet man gnädige Herren. Ihr aber nicht also, sondern der größte unter euch soll sein wie der jüngste, und der vornehmste wie ein Diener.