Überseeische Annexionspläne Frankreichs nnd Englands.
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aller Reichtum, wenn es nicht gesund wäre? Nun trifft sichs unglücklich, daß der Teil von Neuguinea, der Australien am nächsten liegt, sehr ungesund ist, nnd da man es von hier am leichtesten erreicht, ist es hier am meisten von Missionären besucht, auch von Entdeckungsreisenden zum Ausgangspunkte ihrer Expeditionen gewählt worden. So aber ist es gekommen, daß ganz Neuguinea in den Ruf der Ungesundheit geraten ist. Hätte man die Ost- und Nordostküste zuerst näher kennen gelernt, so würde man diese Klage gewiß uicht gehört haben. Vom Kap King William bis zum Point d'Urville ist die Küste mit wenigen Ausnahmen hohes, schroff nach der See abfallendes Land, und im Innern sind die Hochflächen so gesund, als man es von einem tropischen Lande nur verlangen kann. Hier strecken sich weite Grasflächen hin, die von der Natur eigens zu Viehweiden bestimmt zu sein scheinen, und dazwischen stößt man auf kleine Wälder, die nicht dicht nnd verwachsen sind, sondern gerade hinreichen, nm Schatten zu spenden, wenn die Mittagssonne herniederbrennt. Alle diese Flächen liegen tausend bis zweitausend Fuß über der Meeresfläche und folglich weit außerhalb des Bereichs der tötlichen Malaria, die in den tiefern Gegenden mit ihren Sümpfen herrscht."
„Neuguinea hat ferner einen großen Vorteil, der in Queensland fehlt: es ist wohlbewässert von zahlreichen Flüssen, von denen der nach Norden strömende Mamberan und der Baxter, sowie der Fly, die beide in südlicher Richtung laufen, die bedeutendsten sind. Da sie ihre Quellen in den alpenartigen Gebirgen des Innern haben, so sind sie meines Wissens niemals ohne Wasser."
„Die Eingebornen sind als Menschenfresfer bezeichnet worden. Das ist aber, in solcher Allgemeinheit behauptet, ein grober Irrtum. Es giebt allerdings an der Südküste und am Golf von Papua einige Stämme, bei denen das zutrifft, aber dieselben sind wenig zahlreich nnd werden von den besseren Teilen der Bevölkerung tief verachtet. An der Nordostküste vorzüglich sind die Eingebornen durchaus intelligent und auch äußerlich ein wohlgebildeter Menschenschlag mit Adlernasen, der nichts vom Negertypus der andern zeigt. Sie bebauen ihr Land, verstehen es zu bewässern, vererben es vom Vater auf den Sohn und bearbeiten es mit dem Beistande von Sklaven, die aus dem Innern stammen. Sie sind sehr mißtrauisch, und so gelingt es nicht leicht, ihnen näher zu treten, ist man aber mit ihnen bekannt geworden, so zeigen sie sich in jeder Beziehung freundlich und zuverlässig."
Diese höhere Kultur ist ohne Zweifel aus uraltem Verkehr mit malayischen Kaufleuten und Ansiedlern und aus der Vermischung mit solchen hervorgegangen. Schon vor der Entdeckung Neuguineas durch deu portugiesischen Seefahrer de Meneses, die im Jahre 1526 stattfand, besuchten Bewohner der Molukken des Handels wegen die nördliche und nordwestliche Küste, ein Verkehr, der noch heute besteht und vorzüglich von ternatanischen und chinesischen Kaufleuten betrieben wird, und der zu Niederlassungen von Malayen geführt hat, die hier und da den Islam verbreiteten. Auch haben Fürsten von den Molukken schon früh Eroberungszüge nach Neuguinea unternommen, durch welche sie einzelne Teile der Insel vorübergehend oder dauernd unter ihre Botmäßigkeit brachten. Jetzt betrachtet die niederländische Regierung, die Besitzerin der Molukken, den Fürsten von Tidore als den Herrn des ganzen nördlichen und westlichen Küstensaumes, und da derselbe in einem suzeränem Verhältnisse zu ihr steht, so sieht sie sich als oberste Macht in diesen Landstrichen an. Doch hat sie seit Jahren hier nichts weiter gethan, als daß sie gelegentlich ein Kriegsschiff hierher ge-