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Die deutsche und die französische Volksdichtung.
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vereinen der Studentenschaft eine Huldigung dargebracht. Nichts Schöneres aber wußten die Muscnsöhne, die Blüte der deutschen Nation, die dereinstigen Ver­treter des deutschen Volkes in seineu oberste» Schichten, nichts Schöneres wußten sie ihrem Landesherrn zu singen als ein einfaches Volkslied das Volkslied im Mnnde des Gebildeten in hochbedeutsamer, feierlicher Stunde!

Und umgekehrt, wenn wir Deutschlands gesegnete Flure» nm Neckar und am Rhein, im Wasgau doch wozu in die Ferne schweifen. im schönen Sachsenlande durchstreifen, tönt uns nicht oft von einem Trupp singender Feld­arbeiter Eichendorffs schöues Müllerlied oder Hauffs Reiterlied entgegen das Kunstlied im Mnnde des Volkes?

Aber nicht bloß in den Tagen festlichen Glanzes uud friedlicher Arbeit hcibeu wir diese verbindende und darum auch versöhnende Kraft des Liedes er­fahren, sondern vornehmlich in den Zeiten großer Gefahren. Ich brauche nur an die Lieder der Freiheitskriege, nur au dieWacht am Rhein" in unsern Tagen zn erinnern, welche aller Herzen, weß Standes und weß Bekenntnisses auch der einzelne sein mochte, doch in einem Gefühle zusammenschlagen ließ, in dem Gefühle für das Vaterland. In dieser gegenseitigen Durchdringung liegt ein gutes Teil deutscher Kraft, es hat sich erprobt iu schweren Zeiten, wahren wir es uns für alle Zeiten!

Es ist ein schönes und für den Deutschen erhebendes Bild, welches sich hier unser» Blicken darbietet. Fragt man nun, was Frankreich dem an die Seite zu setzen habe, so muß mau sich sagen: nichts, was dem gliche. Sicher­lich hat Frankreich große Namen aufzuweisen, bedeutende Männer, welche seinen Ruhm in alle Welt getragen, herrliche Meisterwerke, Talente der verschieden­artigsten Gattung. Allein nach einer Poesie, welche das gesamte Volk in allen seinen Gliedern durchdränge, welche von allen Ständen der vielgliedrigen Ge­sellschaft nicht nur gekannt, sondern mich geliebt würde, nach ihr sucht man ver­geblich. Nur hin und wieder tauchen einzelne seltene Ausnahmen auf, wie die Marseillaise, der feurige Gesang der Revolution, und die anmutigen Lieder Berangers, welche auch in die breiten, Schichten des französischen Volkes ge­drungen sind. So haben auch einzelne wenige Lieder aus dem Volke Eingang in die Kreise der Gebildeten gefunden, wie das bekannte von Champfleury mit­geteilte Lied von deu ungehorsamen Geschwistern, welche trotz des Verbotes der Mutter dennoch zum Tanze eilen und ihren Ungehorsam mit dem Tode büßen müssen. Vielleicht hat gerade das Lehrhafte des Liedes zu seiner Ver­breitung in den Pariser Erziehungsanstalten, wo es von den jungen Mädchen gesungen wird, beigetragen. Abgesehen von dem Schluß, welcher, was im Volks­liede selten geschieht, die Moral mit bewußter Absichtlichkeit predigt, ist das Liedchen ganz im echten Volkstone gehalten.

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