Lntstchuugsgeschichti! und Stil dos Lgnwnt,
Züge in Brackenburg festgehalten hat, ist unzweifelhaft. Er sah in ihm etwa einen jüngern Goethe, den Leipziger Gvcthe, der den Verlust Käthchens nicht verschmerzen kann, der auch noch etwas schülerhafte Geberden hat. Wie Brackenburg bei den Schulexerzitien immer der erste ist nnd vom Rektor das Lob erhält! „Wenn es nur ordentlicher wäre, nur nicht alles so übereinander gestolpert," so schreibt Goethe an Oescr: „Sie wissen, ich hatte immer einen hübsche» Fond c»i Reflektioncn, die ich Ihnen meistenteils vortrug, freilich gingen sie manchmal etwas qncr, nun da belehrten Sie mich eines besseren." Möglich aber auch, daß Goethe mit eignen Zügen das Bild eines andern ergänzt hat. Der Bruder der Karoliuc Flachsland (der späteren Frau Herder) konnte sich über den Verlust seiner Geliebten niemals trösten und hing selbst, nachdem sie einen andern geheiratet hatte, mit unerschütterlicher Liebe und Treue an ihr. Daß Klärcheu übrigens in der ersten Szene unter dem Namen Klare, später nnr als Klnrchen eingeführt wird, erinnert uns an einen ähnlichen Wechsel der Namensformen im Faust (Gretchen, Margarete), wird uns aber kaum zu weiter» Resultate» führen: im Dialog heißt es auch hier durchgehends Klärcheu.
Die zweite Szene des zweite» Aktes ist meines Erachtens ganz in die Weimarer Zeit zu verlegen, unzweifelhaft aber die Unterredung mit dem Sekretär. Sie enthält durchgehends selbsterlebtes. Voran eine Kleinigkeit: Richard soll dem Grafen Oliva in Egmouts Namen antworten und dabei seine Hand nachahmen. Das ist Goethes Verfahren in späterer Zeit, dem ja auch unter vielem verhaßten das Schreiben das verhaßteste war. In der Weimarer Zeit nun snchte Goethes Diener, Philipp Seidel, die Handschrift seines Herrn täuschend nachznahmeu; ein leichtes Stück — auch der Komponist Kayser hat sich später die Hand Goethes so natürlich angeeignet, daß er auf ihn ci»e» falsche» Wechsel hätte ausstellen köuuen. Aber weiter: Es ist ein Brief vom alten Oliva eingelaufen, der Egmont vorsorglich vor dem leichten, unbekümmerten Leben warnt. Egmvut antwortet barsch und rauh gegen den guten Mann und rechtfertigt diesen Ton damit, daß er immer wieder diese alte Seite berühre und doch wisse, wie verhaßt ihm diese Ermahuuugen seien. Solche Waruuugeu wegen seines tollen Treibens hatte Goethe in der ersten Zeit seines Weimarer Aufenthaltes von vielen Seite» erhalte». Auch sein Freuud Merck mußte erst durch ei» längeres Zusammensei» mit Goethe und dem Herzoge auf der Wartburg bei Eiseuach überzeugt werde», daß das Spiel, das Goethe iu Weimar spiele, doch nicht auf ganz haltloser Basis gespielt werde. Seinem Freunde Zimmermauu ließ Goethe durch die Stein schreiben: „Grüße Zimmcrmcmn, sage ihm, ich hab ihn nicht verkannt, aber ich hab eine Pik auf alle meine Freunde, die mich mit Schreiben von dem, was man über mich sagte, wider ihren Willen plagten. Du kennst meine Lage am besten, also sag ihm was Dir's Herz sagt. Sag ihm, er solls für sich behalten, soll mich lieb behalten." Über den Brief Olivas sagt Egmont: „Da bringt er wieder die alten Märchen auf, was wir