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Der Regen. 2.
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Der Regen.

und Regen dem Ringeltcinzc anzuschließen begann, während Leipzig »och unbe­rührt war. Man sieht: Der Wind bläst nicht, er fließt. Die Ursache seines Wehens liegt nicht dort, wo er herkommt, sondern da, wo er hinfließt.

Unsre Karte zeigt uns ferner, daß der ganze Südosteu des Wirbels, also da, wo südwestliche Winde wehen, in Regen eingehüllt ist, während Abcrdeen im Norden keine Bewölkung und Irland im Westen desselben geringe Bewölkung hat. Unsre Karte zeigt uns endlich vor dem Wirbel Temperaturen von 11 bis 13, hinter demselben solche von 6 Grad und darunter.

Was schließen wir aus alledem für die Wetterprognose? Garnichts, wenn der Wirbel feststeht. Wenn er jedoch etwa nach Osten fortrücken sollte, würden wir den östlich gelegenen Orten eine ganze Reihe von Witterungserscheiuungcn voraussagen können. Wir würden z. B. für Sylt, welches am 14. Oktober 1881 mäßig Südostwind und Regen hatte, voraussagen: Der Wind wird nach Westen herumgehen und bei fortgesetztem Regen zum Sturme werden. Später wird bei iwrdwestlichem, immer noch starkem Winde die Temperatur abnehmen und der Himmel uuter einzelnen Regenböen sich aufklären. Dies alles unter der Voraus­setzung, daß der Wirbel innerhalb vieruudzwauzig Stunden über die Nordsee hinüber gewandert ist.

Dies geschah nun auch wirklich. Am 16. Oktober lag der Mittelpunkt des Wirbels über Südschweden, indem er über ganz Norddcutschland Wcststurm verursachte und seinen Einfluß in kräftiger südwestlicher Strömung bis zu den Alpen ausdehnte. Das Regengebiet, welches am Tage znvor bis nach Magde­burg reichte, war bis Memel vorgeschritten. Auf der Rückseite des Cyklon er­blicken wir fast nur mit Fragezeichen bezeichnete Wetterstationen nnd erkennen darin die Verwüstung, die der Sturm an den Telegraphenstangen angerichtet hat. Wir sehen aber auch, daß nur die südliche Seite der Depression Sturm« hatte, während die östliche und nördliche Seite von schwachen Winden umkreist wurden, womit übereinstimmt, daß diese südliche Seite enggedrängte, die nörd­liche weitere Isobaren hatte. Stellen wir uns die Situation landkartenartig vor, derart, daß die Isobaren als Höhenlinien betrachtet werden, so haben wir ein aus Luft gebildetes Kesseltiefland vor ims, dessen Randerhebung südlich sleil, nördlich flach ist, und von dessen Höhen südlich reißende Sturzbäche, nördlich langsame Strömung hcrabsließen.

Der Leser begreift, daß mit dem Kommen nnd Gehen dieser Depressionen der Witteruugscharakter aufs engste zusammenhängt, daß aber zugleich hiermit die Elemente der Voraussage gegeben wären, wenn nur Richtnng nnd Schnellig­keit sich einigermaßen sicher vorherschcn ließen. Dies ist nnn aber leider keines­wegs der Fall. Die Depressionen sind, was Zunahme und Abnahme ihrer Stärke, Richtung und Schnelligkeit betrifft, von ganz unberechenbaren Launen. Jetzt macht sich z. B. ein Minimum westlich von Irland bemerkbar; man er-