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Rußland am Lalkan.
kaum weniger Schmerz verursacht als in der französischen, und die erstere verlangt ja auch mindestens ebenso heiß nach Revanche wie die letztere. Nach Revanche? Wofür? Jeder slavische Knabe wird darauf, ohne auch nur einen Augenblick nachzudenken, erwiedern: Für den Berliner Frieden,
Über diesen Punkt herrscht in der That unter allen Russen und den ihnen zugewandten Völkerschaften nur eine Meinung. Rußland ist durch den Berliner Frieden tötlich beleidigt worden, und es ist es seiner Ehre schuldig, diesen Flecke» aus seinem Wappenschilds möglichst bald so oder so zu entfernen. Zugefügt wurde ihm aber diese Schmach von niemand anders als von Deutschland. Daher das Verlangen nach Revanche, daher die Verehrung für einen Mann, mit dem die Slaven doch an und für sich ganz und gar nichts zn thnn hatten. Man sah in ihm und ehrte in ihm den Rächer der vermeintlich von Deutschland angetasteten russischen Ehre.
Dieser thörichten Vorstellung ist weder mit dem Hinweise, daß die deutsche Diplomatie Rußland in allem, was dasselbe überhaupt verlangte, unterstützt habe, uoch sonst mit Gründen der Vernunft irgendwie beizukommen, denn sie ist nichts andres als ein erwünschter Vorwand, den Deutschenhaß, der die russische Intelligenz ohne Zlveifel zur Zeit beseelt, gerechtfertigt erscheinen zu lassen. Mau haßt die Deutschen, und da man fühlt, daß man nicht an sie kann, so lange beide Staaten freundnachbarlich zu einander stehen, so muß Rußland durch Deutschland beleidigt worden sein. Da sich nun aber keinerlei Beleidigung anderweitig auftreiben läßt, so muß Deutschland schuld daran sein, daß der Frieden von St. Stcfano dem Berliner Frieden weichen mußte. Daß auch dieser ein für Nußland doch immer noch sehr vorteilhafter war, wird vollständig ignorirt.*)
Rußland hat im Berliner Frieden nicht nur die infolge des Krimkrieges Verlornen Landesteile wieder an sich gebracht, sondern vor allem auch in seiner Bewegung gegen Konstantinopel hin gewaltige Fortschritte gemacht. Während die frühern russischen Türleukriege am Balkan endigten, werden die künftigen am Fuße des Balkan beginnen.
Das heutige Fürstentum Bulgarien ist in der That kaum etwas andres als eine russische Provinz mit einem erblichen Generalgouverneur an der Spitze. So erscheinen die Dinge den Russen, so den Bulgaren. Welche Stellung der Fiirst einnimmt, wird sich aus dem folgenden ergeben.
Die russische Presse aller Schattirungen ist darin vollständig einig, daß die Bulgaren keine andre Aufgabe habeu, als den Russen als Vorposten zu dienen. Alle Vorgänge im Fürstentum werden lediglich von diesem Gesichts-
*) Das gilt doch nur von einem Teile des russischen Volkes; mit der Regierung stehen wir gegenwärtig besser dcnu je.
D. Red.