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Die Grafen von Altenschwerdt : Roman
(Fortsetzung.)
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Die Grafen von Altenschwerdt.

gewesen sein, schön wie Apollo, geschickt in allen Leibesübungen, ein gewandter und dreister Reiter, einer der stärksten Fechter, im Ringen und Vvltigiren un­übertrefflich. Mein Vater hat geseheu, daß er drei Finger in die Läufe von drei Jnfanteriemuskcten steckte, die damals ein gut Stück schwerer waren als jetzt, und sie so mit einemmale aufhob. Wenn er in der sehr schönen und prächtigen Uniform seines Regiments erschienen sei, mit rotem Kragen, Rabatten und Aufschlägen, mit goldnen Schleifen mit losen Puscheln besetzt, sei es zu Fuß oder zu Pferde, und nie auf einem andern als dem allerschönsten Pferde, so sei es nicht anders gewesen, als wenn der vornehmste Herr in der Welt, der schönste, und der Kriegsgott selber sich sehen ließe. Dazu von mannichfaltigen Kenntnissen, ein Virtuose auf dem Klavier, der Liebling aller Frauen, von einer unbeschreiblichen Liebenswürdigkeit und Anmut. Natürlich mußte eine solche Erscheinung den demokratischen Schriftstellern mißfallen, und sie haben den Prinzen von ihrer Ofcnecke aus mit Tinte bespritzt, wie sie überhaupt die alte Zeit verleumden, um sich selber wichtig zu machen. Um ihren einfältigen Idee» von Volksheeren eine Unterlage zu schaffen, haben sie von jeher das Maul weit aufgerissen und das Unglück von Jena als die Folge des Junkertums und absoluten Regiments hingestellt, während doch die preußische Armee damals ebenso tapfer, glänzend ausgerüstet und opferfreudig war, wie sie es immer gewesen ist, und in den Niederlagen von 1806 nur die warnende Hand Gottes zu erblicken ist, welche auf das in unserm Lande fressende Gift der Ideen von 1789 hinwies. So drehen die verdammten Schreiber die Wahrheit herum und thun, als ob sie in der Welt regieren müßten.

Der Graf lächelte. Er stand auf einem andern Standpunkte als sein eifernder Nachbar und seine Ansichten waren so verschieden von denen des Barons, daß er nicht einmal den Versuch einer Vereinigung machte. Ein stilles, beschau­liches Leben auf dem Lande und die Beschäftigung mit seinen Lieblingsschrift­stellern Montaigne, Montesquieu und Pascal hatten ihn dem Interesse an der Politik und selbst an militärischen Dingen, seitdem er außer Dienst war, ent­fremdet, und er hörte den Reden des Barons Scxtus nur zumeist aus Nach­giebigkeit ruhig zu.

Es trat eine Pause ein, dann sagte der Graf, um dem Gespräche eine andre Wendung zu geben, daß er sich sehr gefreut habe, Dorothea so wohl zu sehen. Die Reise nach dem Süden scheine ihr sehr gut gethan zu haben.

Dorotheas Gesundheit war immer eine vorzügliche, sagte der Baron langsam. Ja, sie war immer ganz vorzüglich.

Er stieß einen tiefen Seufzer aus.

Ich sollte meinen, bemerkte der Graf, daß das kein Grund wäre, betrübt zu sein.

Der Baron zuckte die Achseln. Ach, mein alter Frennd, sagte er, wenn ich sehe, wie das Mädchen blüht und wie stark und schön sie ist, da muß