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Die neue sächsische Gymnasial-Verordnung und die Überbürdungsfrage.
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Die neue sächsische Gymnasial-Verordnung und die Übcrbiirdmigsfni>ze, 77

Formenlehre, den strengern logischen Satzbau, die festern Regeln, einen deutlich erkennbaren normirenden Höhepunkt der klassischen Diktion eines goldnen Zeit­alters, überhaupt den der Schule so willkommenen, so unerläßlichen Charakter des Disziplinirten, die Willkür Ausschließenden, das subjektive Beliebeu einer festen Ordnung Einfügenden, Die griechische Sprache ist ihrerseits allzu reich und cibundant an Formen, von denen sie garnicht vollen Gebrauch macht, die sie mit zahllosen Ausnahmen und Varietäten durchzieht; die Syntax hat zu wenig Zwingendes; im Satzbau ist es den Nebensätzen gestattet, sich um den Hauptsatz mehr oder weniger zu bekümmern; die Dialektverschiedenheiten sind störend und verwirrend; gerade die größten und den Höhepunkt griechischen Geistes vertretenden Autoren sind nach Form und Inhalt zn schwer für das gymnasiale Alter, Thukydides, Plato, Demosthencs, die Tragiker sind nur den begabtesten und besten Schülern einigermaßen zugänglich. Das Gros der Pri­maner bringt für sich den Sinn nicht heraus, behilft sich mit den Übersetzungen und gelangt so zn keinem bedeutenden Eindruck. Die lateinischen Autoren da­gegen, Cäsar, Nepos, Livius, Sallust, Cicero, Tacitus, Ovid, Vergil, Homz, sind wie für die Schule gemacht, und die an sich weit reichere und originalere Literatur der Griechen bietet wenigstens der Schule hierin keine äquivalente Auswahl."

War dem Lateinischen eine Stunde zu entziehen, so dnrfte sie nicht dem Griechischen, sie mußte dein Dentschen gegeben werden, welches in Preußen in Sexta und Prima mit drei, in den übrigen Klassen nur mit zwei Stunden an­gesetzt ist, während in Sachsen nur Tertia und Sekunda mit zwei, alle übrigen Klassen mit drei Stunden bedacht sind. Eine gleichmäßige Erhöhung des deutschen Unterrichtes auf drei Stunden war unbedingt erforderlich, wenn das durch den Lehrplan gesteckte Ziel erreicht, wenn der immer mehr einreißenden Verwilderung der deutschen Sprache ein Ende gemacht werden soll. Es soll dabei nicht geleugnet werden, daß der deutsche Unterricht in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte gemacht hat, doch heben alle diese Fortschritte den Nachteil nicht auf, daß die heutige Jugend bei weitem weniger als früher unsre Klassiker liest und wegen andrer Arbeiten lesen kann.

Soweit die Änderungen im Lehrplan, welche sicherlich am Charakter des Gymnasiums nicht rütteln und am allerwenigsten die oft gehörte Befürchtung bestärken, das Gymnasium werde zu einer Realschule degmdirt werden. Fragen wir nun weiter, inwiefern die im Lehrplane und in den neuen Verordnungen getroffene» Änderungen imstande sind, der Überbürduug der Schüler uusrer Gymnasien abzuhelfen.

Da stoßen wir zunächst auf eine Verminderung der Stuudenauzahl, die, mag sie auch noch so gering sein, doch mit Dank begrüßt werden mnß. Ein Vergleich der in dem Regulativ von 1876 und der neuen Verordnung von 1882 geforderten Stunden wird dies deutlich machen. Die Anzahl der wöchent-