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Die neue sächsische Gymnasial-Verordnung und die Überbürdungsfrage.
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Die neue sächsische Gymnasial-Verordnung und die Überbmduugl.-sragc,

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zuzustimmen, welcher zur Entlastung der am meisten überbürdeten Quarta den Beginn des Griechischen der Untertertia zuwies und den Ausfall an griechischen Stunden auf Kosten des Lateins i» den vbern Klassen ersetzte, sv wurde die Befürchtnng lant, es möchte das sächsische Gymnasium, welches mehr als das preußische den humanistischen Charakter sich treu bewahrt hat, dieses Charakters entkleidet werden und damit ein Verfall der klassischen Stadien eintreten.

Kein Wnnder, wenn darum anfänglich fast allgemein in den Kreisen der sächsischen Gymnasiallehrer das ministerielle Rundschreiben auf entschiedenen Widerspruch stieß, und was hie und da geäußert worden war, kam dann zu offner Aussprache auf einer Versammlung von sächsischen Gymnasiallehrern, welche zn Pfingsten in der freundlichen Mnldenstadt Grimma stattfand. Die überwiegende Mehrzahl der Redner glaubte eine Überbürdung durchaus leugnen zn müssen. Mit trüber Kassandramiene weissagte man, daß das Gymnasium seinem Verfalle entgegengehen werde, wenn das Griechische ans der Qnarta ent­fernt würde, obwohl noch vor fünfzehn Jahren fast allgemein dieser Unterricht erst mit der Untertertia begonnen hatte und dabei schließlich die Fertigkeit im Lesen der griechischen Schriftsteller nicht geringer gewesen war als heutigen Tages. Wenn nicht einer der Redner mit komischem Pathos gegen die Vermeh­rung des französischen Unterrichts an die deutsche Vaterlandsliebe appellirt hätte, so wäre die Stimmung zuletzt eine recht trostlose gewesen.

Allmählich mußten jedoch Besonnenere zu der Überzeugung kommen, daß Sachsen mit seinen wenigen Gymnasien der großen Menge preußischer Anstalten gegenüber keine Sondcrstellnng einnehmen könne, und daß ihm nichts andres übrig bleibe, als den griechischen Unterricht in Quarta auf dem Altar der ua- tivnalen Einheit zu opfern. Diese Meinung gewann langsam die Oberhand, und als die sächsischen Gymnasialdirektoren sich in Dresden unter dein Vorsitz des Kultusmiuisters versammelten, nm über die nach dem Vorgange Preußens vorzunehmenden Änderungen des Regulativs zu beraten, fanden die gemachten Vorschläge Annahme, wenn auchmit schwerem Herzen."

Vergleichen wir den neuen Lehrplan mit dem alten, so muß zunächst der Fortschritt anerkannt werden, der darin liegt, daß man Schülern, welche zwei Jahre lang Latein und ein Jahr laug Französisch gelernt haben, nicht noch als dritte fremde Sprache das Griechische aufbürdet, das bisher unverhältnis­mäßig hohe Anforderungen an sie stellte. Während der Quartaner bis jetzt mit den Aufangsgründen dreier Sprachen zu gleicher Zeit zu kämpfen hatte, wird er in Zukunft mir mit zwei fremden Sprachen zu thun haben. Die größere Anzahl von französischen Stunden, die au Stelle des Griechischen in jener Klasse eingesetzt ist, giebt ihm überdies mehr als früher Gelegenheit, wenigstens in einer der modernen Sprachen eiue leidlich feste Grundlage zu erreichen. Einen andern Fortschritt sehen wir darin, daß durch die Verlegung des Be­ginns des griechischen Unterrichtes nach Untertertia die Realschulen und Gym-