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Die letzten Reichstagsreden des Kanzlers.
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Die letzten Reichswgsreden des Kanzlers,

hanptnng rechtfertigte, auf die Geschichte hin. Zunächst auf die Girondisten, welche überall eine Ordnung in dem liberalen nnd humanen Sinne, wie er der Fortschrittspartei vorschweben möge, herstellen gewollt nnd überall über ihr Ziel hinciusgclangt sind. Und so ging es weiter in Frankreich, Es gab dort eine erb­liche, solid erbaute Monarchie mit sehr verständigen Verfassungen, mit allen möglichen monarchischen Formeu, mit Restauration und Kaiserthum. Alles das ist durch deu Parlamentarismus in die republikanische Bahn geglitten. In an­dern Ländern hat die Praxis der Vorsehung sich uicht iu gleichem Maße ent­wickeln können, weil sie nicht so selbständig dastehen wie Frankreich. Wären z. B. Holland und Belgien so groß und unabhängig wie dieses, so würde nach ihrer ganzeil politischen Auffassung und Bewegung zu bezweifeln sein, ob sie sich heute »och innerhalb des Stadiums der Monarchie befänden. Nehmen wir Italien, Hier hat mau die Republik schon loeal und vorübergehend gehabt. Jetzt spukt sie wenigstens in vielen Köpfen als Zukunftsbild für die Gesammt­heit, und man ist dort dem deutschen Fortschritte weit voraus. Wenn Gott dort nicht die Dynastie erhält, die nur auf wenigen Augen steht, so kaun nie­mand dafür bürgen, daß der Endpunkt, dem die dortige Entwicklung seit zwanzig Jahren zustrebt, erreicht wird. Jedenfalls ist dort von Regierung zu Regierung der Schwerpunkt des politischen Lebens weiter nach links gerückt, so daß das Land, ohne republikanisch zu werden, nicht weiter links rücke» kann. Auch in Spanien hat man infolge des parlamentarischen Shstems, das die Fortschritts­partei im Auge hat, temporär die Republik gehabt, ja vcrschiednc Arten der­selben, die einander bekämpften. Und in Deutschland als hier die Dinge sich selbst überlassen waren uud der preußischeMilitarismus" noch keinen Damm setzte, hat man da nicht in Baden dieselbe Bereitwilligkeit gezeigt, die Monarchie über Bord zn werfen und die Republik einzuführen? Jene Prophezeiung von dem Ziele, dem die Fortschrittspartei mit ihren Anschauungen und Tendenzen zugleitet, sind also keineswegs frivol nnd unhaltbar,Die Geschichte spricht für mich," schloß der Kanzler,Die Doctrincire der Wissenschaft haben sich gegen mich geäußert. Ich halte mich an die Geschichte, , . . Und ich bin ja auch in einer Stellung, wo ich beobachten kann, nnd ich habe wenigstens in der auswär­tigen Politik zwanzig Jahre lang den Beweis geliefert, daß meine Augen nicht ganz blind sind für die Eventualitäten, denen die Geschichte uns entgegenführen kaun. Also mit dem Gewichte meiner Erfcihrnng und Stellung spreche ich als Zeuge mich dahin aus, daß die Politik der Fortschrittspartei uns langsam der Republik entgegenführt. Nicht die jetzigen Herren, ich bin weit entfernt, sie dessen zu beschuldigen, ... Ich kann nnr sagen, die Art uud Stellung, welche die Monarchie von ihren Ministern verlangt, ist nicht die, welche den Herren vorschwebt. Ich zweifle ihren aufrichtigen Willen, die eonstitutiouclle Monarchie in ihren äußersten Grenzen zu verwirklichen, in keiner Weise an; ich glaube nur, sie beherzigen die Lehren der Geschichte nicht, sie drücken ihnen gegenüber die