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Aus der Zeit nach dem Tilstter Frieden.
einige unvorsichtige und exaltirte Aeußerungen fallen lassen, die der von ihm vertretenen Sache umsomehr zum Nachtheile gereichten, als Bubna, ein entschiedener Gegner Preußens, der von den „sonst so stolzen und prahlerischen Preußen" spricht, die „nun so klein, so herab gestimmt sind, daß sie nur nach Erlösung seufzen," sich eifrig bemühte, die Person Götzens beim Erzherzog in Mißcredit zu bringen. Von glühendem Hasse gegen die Anhänger einer Allianz mit Frankreich erfüllt, hatte Götzen dem Oesterreicher ein düsteres Bild von dem Kampfe der Parteien am preußischen Hofe entworfen und dabei übertreibend bemerkt, es werde nichts anderes übrig bleiben, als sich der Gegner des Kriegs mit Napoleon mit Gewalt zu entledigen. Er hatte sogar von Köpfen gesprochen, die springen müßten, und der Feldmarschall Kalckreuth war von ihm als der erste unter denen bezeichnet worden, die dem Tode geweiht seien. „Ich gestehe," schreibt Bubna, „daß diese Confidenz mich unangenehm überrascht hat, denn die Allianzen der Faetiouen sind immer schwankend." Auch die Pläne der Organisirung des Volkskriegs, über welche sich Götzen des weiteren ausgelassen hatte, gefielen dem Militär aus der alten Schule nicht, der nur von regelrechter Kriegführung etwas wissen wollte; er hielt sie sür chimärisch, nnd vielleicht mit Recht. Er meinte, Götzen werde den Krieg, bei seinem Hang zum Detailkrieg, wie 1807 als einen „Lentnnntskrieg" führen. Er sagt von der ganzen Darstellung des preußischen Kameraden: „Etwas von dieser Schilderung, die uns den preußischen Staat in einer solchen Krisis wie einstens Polen vor der letzten Theilung zeigt, kann man immerhin auf Rechnung des vehementen Charakters des Grafen Götzen, der nicht selten über die unbedeutendsten Dinge mit ausgesuchten Umschreibungen der Rede spricht, um die Nichtigkeit der Sache zu erheben, und vielleicht auch auf Rechnung einiger andern Persönlichkeiten setzen," unter denen er Wohl Stein und Scharnhorst verstanden hat. Im ganzen hatte er kein Vertrauen zu den preußischen Vorschlügen, und der Erzherzog wird ihm Recht gegeben haben. Es war also für jetzt weuigsteus von Oesterreich nichts zu hoffen.
In dem Vertrage vom 8. September war aber für die Auswechselung der Ratificationen ein Zeitraum von vier Wochen festgesetzt worden. Durfte man diese Frist auf die Gefahr hin verstreichen lassen, daß Napoleon die Härte seiner Bedingungen noch steigerte? Dasselbe Gebot der Nothwendigkeit, das den Prinzen Wilhelm zur Annahme des Vertrages geführt hatte, war auch die Veranlassung gewesen, wenn Friedrich Wilhelm schließlich dessen Ratification vollzogen hatte. Aber eine Sinnesänderung war damit beim Könige nicht eingetreten. Erst durch die Entscheidung in Erfurt wurde die preußische Politik von neuem in das System der russisch-französischen Allianz verflochten.