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Der Ausfall der Wahlen in Frankreich.
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vor Ausfall dor Wahlen in Frankreich.

sönliche Zweck verfolgen, Macht, Herrschaft, vielleicht eine verhiilltc Alleinherr­schaft erstreben, gefördert hat er sie bis jetzt doch. Vorzüglich seiner gewandten und umsichtigen Leitung dankt es die französische Republik, daß sie dem reactio- nären Wogenschwall entging, der sie vor wenigen Jahren, zwischen Mac Mahons letzten Regierungsmvnaten und der Wahl Grsvys, zu verschlingen drohte. Jetzt sieht er seine Politik und sein Programm zum zweitenmal« dnrch eine über­wältigende Mehrheit der Franzosen gutgeheißen und empfindet die Genugthuung, daß er das Schiff der Republik wenigstens bis auf weiteres in sicherm Hafen geborgen hat. Die Klippen, die auf der Rechten drohten, sind umschifft, die auf der äußersten Linken bedrohen zwar die weitere Fahrt, liegen aber in der Ferne, und vielleicht lassen auch sie sich vermeiden oder, wenn das nicht thuulich, allmählich beseitigen oder mit einen: energischen Entschlüsse sprengen.

Es ist wahr, Gambetta hat in Belleville eine Enttäuschung erlebt. Er wurde von einem Theile seiner Wähler übel empfangen, weil er ihnen nicht radical genug war, und er wurde schließlich nur in dem einen der beiden Wahlbezirke dieses Stadttheils vvn Paris definitiv gewählt, und zwar mit viel geringerer Stimmenzahl als früher. In dem andern hatte er sich einer Stichwahl zu unter­werfen, zog aber vor, zu verzichten. Indeß hat das im großen und ganzen nicht viel zu bedeuten. Belleville, das Ostende von Paris und das Mistbeet aller Art radicalen politischen Unkrautes, hat wenigstens in einem seiner Wahl­bezirke soviel leidlich verständige Wähler an die Urne geschickt, daß Gambetta mit seinem vergleichsweise maßvollen Programme daraus hervorging, und in ganz Paris, wo doch sonst die politischen Chimären beliebte Waare sind, sind fast nur gemäßigte Republikaner zu einem Mandate gelangt.

Was die politischen Programme iuuerhalb der republikanischen Partei be­trifft, so ist gegenwärtig kein allzu großer Unterschied zwischen denen, die Gam­betta, Jules Fcrry uud Clemeneeciu vertreten. Der zweite dieser Politiker stand bis vor kurzem weiter rechts als Gambetta, doch unterschieden sie sich im wesentlichen nur darin, daß letzterer eine Revision der Verfassung in Betreff des Senats erstrebte, ersterer dieselbe nicht für gerathen hielt. In Cahors wies Gambetta jede Absicht eines Vorgehens gegen den Senat ab, und in Epinal that Ferry desgleichen. In Tours aber und in Nanch machten beide eine Schwenkung, und seitdem betrachtet man Ferrh als zur Partei des Exdietators gehörig. Von Clemenceau ist Gambetta durch eine breitere Kluft getrennt, aber auch hier sind die Unterschiede keineswegs fundamentaler Art. Herr Cle­meneeciu verlangt, daß die Richter vom Volke gewählt werden, daß an die Stelle der stehenden Armee eine Nationnlmiliz trete, daß die Kirche völlig vom Staate getrennt werde, er fordert ferner Abschaffung des Senats und, wie es scheint, auch der Präsidentschaft. Auf das letztere wird Gambetta schwerlich jemals eingehen; andrerseits aber nähert er sich Clemeneeau insofern, als er die Geistlichkeit eoutrolirt, den Senat umgestaltet uud die Methode der Con-