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bezeichnen kann, sind nur sieben durchgekvmmen, die übrigen wurden auf ein mehr vder weniger farblvses Programm hin mit eiucm Mandate versehen. Die Legitim isten dagegen haben mit dein Beistande der Klerikalen einige neue Sitze gewonnen und namentlich ihre Schreier durchgebracht, den Grafen Mun, den Bischof Freppel, Baudry d'Assvn und andre komische Persönlichkeiten.
Im Ganzen steht die Sache so, daß die große Masse der Wähler keinen Geschmack mehr au dem findet, was mau als anßerhalb der Verfassung siehende Opposition bezeichnen kann. Unabhängige Haltung ist etwas ganz andres als unversöhnliche Kritik. Hätten sich die verschiednen Gruppen der Rechten mit einem rein conservativen Programm dem Lande empfohlen, so würden sie vielleicht mehr Erfolg gehabt haben. Aber als Verfechter von Regierungsmethoden, die jetzt der Vergangenheit angehören, hatten sie eine äußerst schwierige Aufgabe vor sich, und es ist nur zu verwundern, daß die Wahlen ihre Reihen nicht noch mehr gelichtet haben.
Die Wahlen des 21. August sind ein unzweifelhafter Triumph der Sache der verfassungsmäßigen Regierung in Frankreich. Ihr Ergebniß zeigt, daß die weit überwiegende Mehrheit der Franzosen auch ferner regiert sehen will, wie unter Thiers und GrLvy im Innern und nach außen hin regiert worden ist, daß sie in Zukunft wie in der Vergangenheit den Fortschritt, aber auch die Ordnung und den Frieden will; man kann sagen, daß die Republik mit diesen Wahlen die Kinderschuhe abgelegt hat.
Natürlich drohen noch Gefahren, und es fehlt nicht an Propheten, welche Unheil weissagen, und in nicht zu großer Entfernung eine Katastrophe von der äußersten Linken herkommen und ein Schreckensregiment eintreten sehen. Wir untersuchen hier nicht ausführlich, ob sie Recht haben können. Jene Gefahren sind vorhanden; sie liegen in der Veränderlichkeit des französischen Volkschnrccktcrs, in der Neigung der Franzosen, einem volltönenden Feldgeschrei zu folgen, und in der Stimmung der Arbeitermassen in den großen Städten, vorzüglich in Paris. Die Unversöhnlichen, die eigentlichen Neu-Caledonier, die Communisten und Socialisten befinden sich hier augenblicklich in der Minderheit, weil die jetzt blühenden Wirthschaftsverhültnisse den Arbeitern reichliche Beschäftigung und guten Verdienst sichern. Wie aber, wenn diese Verhältnisse sich eines Tages ändern? Nicht unmöglich, ja wahrscheinlich ist es, daß in solchem Falle die jetzt großen- theils zufriednen Massen sich wieder um die rothe Fahne sammeln und Barrikaden bauen werde», daß ein neues Tohuwabohu eintreten, und daß zuletzt — gewiß kein Napoleon, kein Bourbon und kein Orleans — wohl aber ein glücklicher General aus dem Pulverdampf hervor auf die blutigen Trümmer treten wird, um die Fahne des Kaisertums — seines Kaiscrthums — aufzupflanzen und die Republik zum drittenmale zu begraben.
Aber alles das liegt für jetzt augenscheinlich iu weitem Felde. Gegenwärtig läßt sich mit Bestimmtheit nur erkennen, daß Frankreich sich an den