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Die Düsseldorfer Schule : 4. Landschafts- und Marinemaler: Gude. Die norwegische Colonie. August Len. Graf Kalckreuth. Die Realisten.
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Die Düsseldorfer Schule.

Arbeiten seltnen Harmonie. Volksleben und landschaftliche Seenerie schließen sich zu einem Gesammtbilde von unanfechtbarer ethnographischer Treue zusammen, und über dem Ganzen schwebt ein verklärendes Licht, das bald silbern, bald goldig schimmert, wie es die Stimmung fordert.

Gude beherrschte die Formen frühzeitig mit solcher Sicherheit, daß er bald seine ganze Kraft auf die Lösung der Lichtprobleme verwenden konnte. Phäno­menalen Effeeten zwar, wie sie Andreas Achcubnch und vor allen Eduard Hilde­brandt mit Vorliebe zum Thema ihrer Compvsitionen machten, ging der nor­wegische Künstler aus dem Wege, sei es weil ihm die dramatische Kraft fehlte oder weil sich sein beschauliches, poetisch-melancholisches Natnrell mehr durch die Natur im Zustande der Ruhe angezogen fühlte. Wie aber das Sonnenlicht auf der spiegelglatten Fläche des Meeres in Millionen von Funken glitzert, wie es den Krystall der Wogen durchleuchtet und durchglüht, wie es zitternd über die schäumenden Wellenköpfe hüpft und mit ihnen kost und täudelt, das weiß er mit einer Virtuosität zu schildern, die in der ganzen zeitgenössischen Malerei unerreicht dasteht. Schöuleber in München ist der einzige, welcher Gude in dieser Richtung nahe kommt. Von französischen Malern, welche Ma­rinen in vollster Sonnenbeleuchtung riskiren, ist nur einer zu nennen, der hier in Betracht kommen könnte, Augnst Allongö, ein Schüler von Cogniet. Aber an den Bildern dieses Franzosen sieht man zugleich, wie groß die Gefahr ist, dabei in die Baumwolle zu gerathen, d. h. die Lichter so seifig aufzusetzen, daß die Wasserfläche wie gezupfte Watte aussieht. Selber Gude glückt dieses Ex­periment nicht immer, wie z. B. eine Ansicht des Bodcnsees bei leichtem Winde, 1880 gemalt, beweist.

Im Jahre 1850 kehrte der Künstler wieder nach Düsseldorf zurück, welches ihm mehr künstlerische Anregungen bot als seine von der großen Welt abge­schlossene Heimat. Hier schuf er eine lange Reihe von norwegischen Gebirgs­landschaften mit Seen, Flüssen und Wasscrfällen, bisweilen wiederum in Ge­meinschaft mit Tidemand, wie denNächtlichen Fischfang in Norwegen" (1851) nnd das stimmungsvolle, tiefergreifeudeLcichcnbegängniß im Sognefjord."

Als Schirmer 1853 seine einflußreiche Lehrthätigkeit au der Düsseldorfer Akademie beendigte und einem Rufe als Direetor an die Kunstschule in Karlsruhe folgte, wurde Gude ini folgenden Jahre die Professur der Landschaftsmalerei übertragen, uud nun entfaltete er auch eiu ausgezeichnetes Lehrtalent, welches der Akademie einen vollständigen Ersatz für den geschiedenen Altmeister bot. Da jedoch seine künstlerische Productivität durch das Lehramt beeinträchtigt wurde, zog er sich 1861 wieder zurück und begab sich, um deu Kreis seiner Stoffe zu erweitern, nach Nord-Wales, wo er sich fast drei Jahre laug aufhielt. Die pittoreske Natur dieser Landschaft war ihm ungleich sympathischer als die Schweiz, welche er 1851 besucht hatte, ohne laug anhaltende Anregungen empfangen zu haben. Als Schirmcr gestorben war, wurde er zum zwcitenmale berufe», seiueu