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Johann Maria Hildebrandt.
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seiner fernen Hemmt die Kranken vom Tode gerettet würden. Alsbald sah man ihn für einen Arzt nnd Priester, d, h. für eine geheiligte Persvn an. Der Häupt­ling begrüßteden weisen Fremdling,"die große Mediein" voll Ehrfurcht, lnd ihn zu Gaste in sein Dorf nnd Zelt, führte ihm Kranke zn und gab Befehl, daß jeder ihm beim Suchen der Pflanzen helfen solle. Der glückliche Einfall war die Veranlassung, daß Hildebrandt große Ballen mit Pflanzen, Insekten, Vögeln und anatomischen Präparaten, Skeletten:e, aufhäufte und in Sicherheit wegtransportircn konnte.

Durch den Krieg des Königs Theodvrus von Abessinien mit dem Khcdive von Acghpten waren die Wilden im Sonmllande in gefahrbringender Aufrcguug. Das gauze Land war in lauter kleine Häuptlingsschaften oder Sultanate zer­splittert, und jeder dieser Dutzend-Sultane wollte beschenkt und zum Essen ge­laden sein, begnügte sich aber auch mit etwas Kautabak. Trotzdem drang Hilde­brandt bis in das Gebiet der Habr-Gchn'djis (47-48° ö. v. Gr., 11« N. Br.) vor, mußte aber zurück, nachdem er selbst in Kämpfe mit streifenden Horden ge­rathen. Die Unruhen in den Somilli- und Galaländern hatten auch den Sultan vou Sansibar in Mitleidenschaft gezogen, weil eine Anzahl seiner Soldaten in der Soncklistadt Marka ermordet worden war.

In Sansibar urtheilte man nach Hildebrandt wenig günstig über die Art, wie Stanley unter Anwenduug vou Pulver und Blei die wissenschaftliche Er­schließung Afrikas betrieben habe. Hildebrandt meinte, daß Stanley durch seiue Maßnahmen jedem, der später die von ihmgeebnete" Straße wieder ziehen möchte, den Weg gründlich versperrt habe. Denn die Blutrache sei so ziemlich das einzige Gesetz, welches in Afrika heilig gehalten werde, und könne man dessen, der sie heraufbeschworen, nicht habhaft werden, so seien alle seine Stmmnesgenosse» in diesem Falle also alle weißen Männer ihr verfallen.

Hildebrandt hat niemals mit Gewalt sich seinen Weg zn bahnen versucht. Vom Sonmlilande begab er sich in sein altes Standquartier Sansibar. Dort nahm das Ordnen und Expediren der Soncklisammlung fast vier Wochen in An­spruch. Hierauf reiste er zur ComoreninselJohanna," wo er vier Monate fest­gehalten wurde, weil dort die Blattern ausgebrochen waren und infolge dessen kein Dampfer landete. Dieser Umstand war leider die Veranlassung, daß der werthvvllste Theil seiner dortigen Ausbeute, über 70 Stämme Baumfarren nnd Cyeas, welche nun erst Ende November in Berlin eintrafen, durch die inzwischen eingetretene Kälte zu Grunde gingen.

Sein nächstes Ziel war der schneebedeckte Kenia, neben dem Kilimandscharo der höchste Berg der östlichen Gebirgskette Hochafrikas. Um in diese noch völlig unbekannten Regionen vorzudringen, mnßte er wieder die Gebiete der Galavölker durchreisen. Bei reichlich zuströmenden Geldmitteln wurde eine neue Ausrüstung hergestellt, neue Leute recrutirteine Kerntruppe wahrer Bnschklepper von echtem Schrot und Korn, deren jeder eine Othellolebensgeschichte erzählen könnte."