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Johann Maria Hildebrandt.
Morgen gehe ich fort aus Zcmzibcir nach Brawa, um durch eiuc Seereise mciue in der letzten Zeit durch Fieber und andre tropischen Krankheiten, die ich überstanden, etwas schwankend gewordnc Gesundheit neu zu befestigen.
Meine entomologischen Sammlungen sind sehr reich ausgefallen, fast die Hälfte ist nen. Obgleich sich die hiesige Jnsectenfauna in Pracht der Farben nicht mit andern Trvpenländern messen kann, so ist doch die Absonderlichkeit der Form sehr interessant. Leider muß ich alles verkaufen, um nicht Hnuger zu leiden, sonst hätte ich Dir längst eine Collectiv» geschickt."
Doch auch die Sorgen um die nöthigsten Geldmittel nahmen ein Ende. Nachdem er von Barana zurückgekehrt war, beschäftigte er sich damit, die Neger- racen zu Photographiren, anatomische Messungen vorzunehmen, ethnographische und naturhistorische Sammlungen anzulegen. In die eigentlichen südlichen Galaländer und zu den östlichen Schneebergen Afrikas vorzudringen, dazu kam er jetzt noch nicht; fehlten ihm doch noch alle astrvnvmischcn Instrumente, die Kenntniß der Literatur über die Galas und vor allem die hinreichend fieberfreie Gesundheit. Aber er war doch vertraut geworden mit dem Klima, den Sitten und Gebräuchen sowie mit der Sprache der Völker Afrikas, und somit hatte er eine tüchtige Grundlage gelegt für seine fernern Reisen ins Innere. Er nannte darum selbst diese erste Reise bescheiden seine „Vorstudien." Eine namhafte Frucht seiner Streifzüge war das Auffinden einer sehr seltenen und herrlichen Paliuenart, von welcher er später zweiundzwanzig Exemplare nach Europa sandte.
Beim Herannahen der Regenzeit kam er nach Sansibar zurück und gönnte sich kaum die nöthige Rnhe zur Erholung. Beschäftigt, seine verschicdnen Sanun- lnngen zu ordnen und zu verpacken, erhielt er die Nachricht, daß ein ihm bekannter katholischer Missionär in Bajamoojo ein junges Nilpferd gefangen habe und mit Erfolg groß zöge. Vielfach hatte man vergeblich versucht, solche junge Thiere cinzufangcn. Er hatte zwar von den mit Hagenbeck erlegten Nilpferden ein vollständiges Skelett nach Berlin geschickt, aber ein lebendiges Thier war dort noch nie gesehen worden. Schnell kamen durch ihn die Verhandlungen mit dem Director des zoologischen Gartens in Berlin, Vodinus, zustande, und am 1. August 1874 trat Hildcbrandt mit dem kleinen Tvmmvndo (so hatte er das Nilpferd getauft) die Reise nach Berlin an. Das Thier lag in einer ausgepolsterten Kiste, in welcher es von Zeit zu Zeit durch ein Seebad erfrischt wurde; es wurde mit einem dünnen Brei aus Mehl, Eiern, Zucker, Milch und Wasser, der ihm mittelst einer Champagnerflasche zugeführt wurde, gefüttert. Es gedieh vortrefflich und lebte auch in Berlin, wo es am 4. September 1874 mit Hildcbrandt anlangte, noch einige Wochen, starb aber bald darauf. Inzwischen feierte unser Landsmann große Triumphe und erntete seltene Auszeichnungen in der deutschen Metropole, in welcher er mit kurzen Unterbrechungen bis zum 27. Januar 1875 verweilte. Einen schweren Verlnst hatte er in dieser Zeit zu ertragen. Sein Vater starb am 29. September 1874 zu Düsseldorf. „Es ist doch