374
Johann Maria Hildebrandt,
und die Freude an Pflanzen- und besonders Käfersammlungen, brachte seinen Sohn häufig mit, wenn wir zusammen auf dem Landgute meines Vaters bei Düsseldorf botanisirtcn, Hildebrandt war damals ein neunzehnjähriger, untersetzter, muskulöser, aber etwas bleich aussehender jnngcr Mann; er war jedoch ein gewandter Turner und besonders ein tüchtiger Springer, was ich bei vielen Gelegenheiten beobachten konnte. Schon damals imponirte er seinen Altersgenossen durch seine botanischen Kenntnisse. Für Mathematik und die elassischeu Sprachen hatte er niemals ein besondres Interesse, dagegen sprach er srcmzösisch, englisch und holländisch verhältnißmüßig geläufig und wußte über die außerordentlich reiche Käfersammlung seines Vaters so gut Bescheid wie dieser selbst. Bei aller Eigenartigkeit seiner Bildung und Frühreife seiner Anlagen war Hildebrandts Charakter durchaus liebenswürdig. Bestimmt, energisch, schweigsam und bescheiden, war er trotz ausgeprägter individueller Charakterfestigkeit doch nachgiebig gegenüber den Ansichten andrer.
Ein leiser Anfing von Brnstleiden schien mit seiner ganzen übrigen Consti- tution in Widerspruch zu stehen, trat aber schon Anfang der sechziger Jahre zu Tage, zu welcher Zeit Hildebraudt in die Obhnt und Lehre des Gartendirectors Hering in Benrath bei Düsseldorf trat, der ihn im Verlauf einiger Jahre zu einem praktischen Gärtner und Botaniker ausbildete. Die Gärtnerei übte er außer in dem Schloßgarten von Benrath später in Halle und in den botanischen Gärten Berlins ans. In Halle interessirtc sich für ihn der ausgezeichnete Botaniker Graf Solms-Laubach, dessen botanische Vorlesungen er regelmäßig besuchte, und der ihn in liebenswürdigster Weise in seinem Streben unterstützte. Ueber seiue Stellung in Berlin nnd über seine Leistungen in den dortigen botanischen Gärten gelangten nach Düsseldorf zur Genugthuung seiner Bekannten und Freunde die günstigsten Nachrichten, sowohl über den Fortgang seiner Studien als anch über das speeifisch botanische Talent Hildcbrcmdts, welches sich nunmehr offenkundig entfaltet hatte.
Der Wunsch, die wunderbare» Gebilde der Pflanzenwelt in ihren Urformen und ohne Kunst gezogen an den Küsten Afrikas zu studiren, beherrschte nm diese Zeit seine Phantasie ausschließlich. Mit eiserner Energie ging er an die Ausführung dieses seines Lieblings- und Lebensplanes und bereitete sich durch eifrige Studien auf die Reise vor. Zunächst galt es die Erlcruuug der arabische» Sprache. In fünf Monaten hatte er diese Aufgabe gelöst, sowie die Literatur über Ostnfrika sich zu eigen gemacht. Zu gleichem Zwecke hatte er inzwischen das Photographiren erlernt. Ein Hauptpunkt war aber die Beschaffung der nöthigen Geldmittel. Zuerst verschaffte er sich selber durch den Verkauf seiner Pflanzensammlung ein kleines Capital, und da er sich bewußt war, in Botanik und Entomologie etwas zu leisten, so hoffte er das fehlende durch Vorschüsse auf zu samnielude naturwissenschaftliche Gegenstünde herbeizuschaffen. Außerdem war es besonders der Geheime Commerzienrath Ravens in Berlin, welcher den