209 Die Entwicklung der Fendalitcit nnd das deutsche Uriogswesen INI frühen Mittelalter.
ganze Anschlag beträgt 2080 bis 2093 lorio^ti, und einzelne Nachrichten lassen vermuthen, daß die Ansätze, welche sich hier finden, auch in der Folge Geltung hatten. Böhmen diente nach altem Herkommen auf dem Nömcrzugc mit 300 Gewappneten, und dieselbe Zahl wird von Polen verlangt. Rechnet man nun zu jenem Aufgebote die fehlenden Neichsstäude *) in der ungefähr entsprechenden Stärke von 3000 lorie-M hinzu, so ergiebt sich eine Ritterschaft von ungefähr 6000 Köpfen. Aber das Heer bestand keineswegs ausschließlich aus Panzerreitern. Noch das aus dem 12. Jahrhundert stammende apokryphe Rvmfahrts- gesetz verlangt auf die eiuzelne Halsbergc zwei, auf die einzelne Brünne einen soutanns; in der Zeit der Ottonen war jedoch die Anzahl solcher Leichtbewaffneten offenbar sehr viel größer; für die östlichen Auszüge werden deren gelegentlich fünf gefordert. Nimmt man als ein mittleres Maß 3 8euwrii ans den lorieaws an, so ergicbt sich, daß jene 5000 Köpfe zählende Ritterschaft mit Einschluß der Leichtgerüsteteu eiu Neiterhecr von 20 000 Pferden ansmachte, dem daun gewiß eine Fnßvvlksmasse von 30 bis 40 Tausend Mann zur Seite trat. Es gilt nun, diese drei Wasfengattuugen etwas «äher ins Auge zu fassen.
Die schwere Reiterei tritt seit dem 10. Jahrhundert als ein deutlich erkennbarer Stand, als Ritterschaft auf. Es ist der Staud der iniliws oder, wie Widnkind es nennt, der oräo sauester, der zwar noch keineswegs eudgiltig abgeschlossen ist, vielmehr noch immer neue Elemente aufnimmt, aber doch schon einen ganz bestimmten Charakter trägt, insofern er vorzugsweise aus Vassalleu besteht, und insofern die kriegerische Lebensweise, die er zu seinem Be- r u f e gemacht hat, ihm eine höhere Ehre verleiht. Schon im 10. Jahrhundert finge» diese Ritter an, sich durch Purpurschmuck und vergoldete Sporen von andern Kriegern zu unterscheiden. Die „Schwertleite," d. h. die feierliche Um- gürtuug mit dem Schwerte, früher eine Nechtsgewohnheit aller Freien, durch welche die Wehrhaftmachung ausgesprochen war, erscheint mm als Aufnahme in den ritterlichen Stand.
Neben diesen milites xiinu oräinis stehen die inilit«» seouiräi orclinis, d. h. die 8eutg,rü oder olixeM.**) Dies sind die leichter gewnffueten Reiter, welche der großen Mehrzahl nach unzweifelhaft dem Stande der Ministerialen augehörten, wie sie denn Gislebert von Mvns als ssrviontös kauitvs oder
dabei persönliche Anwesenheit gefordert. — Der Anschlag für die weltlichen Großen ist bedeutend geringer. Das Herzogthum Elsaß schickt 70 Gewappnete, der Herzog von Nieder- lothringcn im Verein mit zwei lothringischen Markgrafen 100, zwei rheinsrttnkische Herzoge je 40, ebensoviel ein Graf Hezel, falls er nicht selbst kommt, sonst nur 30. Andre Grasen haben 30, 20, 12, einer gnr nur 10 lorie-M zu stellen.
*) Es fehlen die Herzoge von Oberlothriugen nnd Sachse», überhaupt alle sächsischen Fürsten (weltliche wie geistliche), ferner Utrecht und alle Markgrafen von der Ostgrenze, die wohl zur Grenzhut znrüclblieben. Wahrscheinlich war ein Theil der Fehlenden schon früher aufgeboten worden.
**) c'Iipnu» Schild.