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Ski,zen aus imsenn heutige!! Volksleben.
„Winke nur. Deukst dn, daß wir besser drcin sind, wenn wir stille sind? Aufs Rathhaus sollte mans schreiben, an Bismnrcken sollte man telegrnphiren, wie sie uns behandeln. Da sehen Sie her" — er suchte in der Tasche, fand aber nichts.
„Da kannst dn lange, suchen," rief die Frau, „du hast ja dcu letzten Groschen in Branutweiu vertrunken."
„Was ist denn auch mit den lumpigen SV Pfeuuigen anzusaugen? Das wissen Sie selber, von 50 Pfennigen die Woche -kann eine Familie nicht leben. Und dabei lassen sie einen vor die Armencommissivu rufen und hunzen einen für das Almosen noch runter."
„Ja, Brand, Sie müssen arbeiten, dann brnnchen Sie nicht von Almosen zn leben."
„Arbeiten? Ich? Wenn ich arbeiten könnte!"
Schaufuß sah sich seinen Mann näher nn und bemerkte, daß er blöde Augen und einen verkrüppelten Fuß hatte.
„Sehen Sie mich nur an, so sieht einer aus, den sie ausgequetscht haben wie eiue Citrone. Die Schalen wirft man hernach weg. Wenn wir sonst noch zu verfüttern wären, dann würden wir nnch noch zu Häcksel geschnitten."
„Ich verstehe Sie uicht. Ausgepreßt? Wer hat Sie ausgepreßt?"
„Das will ich Ihnen haarklein erzählen, hören Sie nur zu — Frau, räume mal den Stnhl ab —, ich will Ihnen eine Geschichte von solch einem Lenteschinder erzählen. Ich bin nämlich von Hanse ans Drechsler. Mein Vater that mich in die Lehre zu einem strengen Meister, da mußten wir feste dran, oder es gab etwas niit der ersten besten Radfelge. Das ging so zwei Jahre. Da hatte ich den Chemnitzer znm Schlafkameraden, der war helle und redete uns vor, wir brauchten uns nichts gefallen zu lasse», die Innung gälte nicht mehr, und in der Fabrik wäre es viel besser. Da ginge mau am Tage hin und verdiente ein schönes Stück Geld und könnte den Abeud machen, was man wollte, keine Seele fragte darnach. Die Sache, schien mir. Also gnt, ich lanfe davon und kriege auch richtig iu Weißenbrunn Arbeit. Dort wurden Hvrnsachen gedreht, und ich habe da acht Jahre lang weiter nichts als Pfeifcnspitzen gedreht. Auf einmal heißt es: die Arbeit muß getheilt werden —"
„Ganz richtig. Sie werden doch nicht bestreiten, daß in der Arbeitsthcilung der Vortheil der Industrie liegt."
„Industrie? Meinetwegen. Aber wo bleiben wir? Genug, die Arbeit wird getheilt. Einer richtet zn, der andre bohrt, der dritte dreht und die Fabrikmädchen poliren. Das geht ein Paar Wochen, da heißt es: Der Artikel geht nicht mehr, es sind so und so viel Schock Dutzend ans Lager. Ihr könnt jetzt für das Dutzend nur das halbe Geld kriegen. Was wollten wir machen? Wir innßtcn ohne Murren fürs halbe Geld arbeiten."
„Lieber Freund, Sie irren sich, es hat Sie niemand gezwungen."
„So? Als ob der Hunger einen nicht zwänge!"
„Sie waren ja nicht gebunden, Sie konnten ja gehen, wohin Sie wollte». War Ihnen der Verdienst zn gering, so konnten Sie ja etwas andres anfangen. Aber das ists eben, es ist der Eigensi»» der Le»te, nur ihren Artikel machen zu wolle», es ist ihre Trägheit, nicht mit der Zeit fortzuschreiten."
„Hören Sie nur weiter. Natürlich dachte ich, jetzt gehst du davon und siehst zu, daß du wieder hinter die Drechselbank kommst. Ich kriegte auch richtig Arbeit. Wie ich aber mm den Meißel in die Hand nehme, gehts los: Was ist das für eine Kratzerei, solche Arbeit können wir nicht brauchen! Ich hatte es aber bei der