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Paul Heyse. 3.
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Paul Heyse.

der besten Möglichkeiten verloren geht, das Leben in seinem Sinne darzustellen, Handlungen und Charaktere lebendig und viel unmittelbarer als durch das Buch wirken zu lassen, daß diese Möglichkeit gelegentlich einer Concession werth sei, hat Heyse bei einem Theil seines dramatischen Schaffens geleitet. Dnß ihm dafür geringer Dank geworden, liegt in der Natnr der Dinge. Denn die Herabstim­mung zur reinen Mache ohne den Schatten einer poetischen Intention ist einer­seits seinem Talent versagt, und andrerseits nimmt die Bühne mit erstaunlicher Sicherheit die Miene an, jeden Tag den nenen Shakespeare oder, nm besser im Stile der Zeit zu bleiben, dendramatischen Bismarck" zu erwarten. Da Heyse keine Effcetwaare der untersten Sorte zu bieten hatte, erhielt er natürlich nach­gewiesen, daß er der in Frage stehende Shakespeare nicht sei. Mit der ästhe­tischen Würdigung des dramatischen Talents des Dichters und mit der Erkenntniß seiner wirklichen Mängel hat dieser Nachweis nichts zu thun; er wird gleichermaßen gegen Dichter geführt, die speeifischc Dramatiker waren. Aber er erweist jedenfalls, daß es Verlorne Liebesmühe gewesen ist, wenn der Dichter auch nur eine einzige dramatische Aufgabe anders als mit dein künstlerischen Dränge, der dein Wesen des Stoffes gerecht werden und sich selbst geuug thuu will, ausgestaltet oder bei der Stoffwahl jenen Wünschen der Bühne Rechnung getragen hat, die in ihrer Unsicherheit meist auf Wünsche einzelner Darsteller hinauslaufen.

Aber ob das nun geschehen sei oder nicht und wie immer es geschehen sci, auch die Kritik, der es um unabhängige Würdigung von Heyscs gclunguen Dramen zu thun ist, hat zuzugeben, daß die Eigenart dieses Dichters ein rasches Zu­greifen nach den verschiedensten dramatischen Stoffen schon um deswillen nicht gestattet, weil der Dichter an der bloßen Activn an sich offenbar nur eine mäßige Freude hat. Es giebt Talente, denen es genügt, daß es bunt und bewegt auf der Scene zngehe und daß sich die Leidenschaft, gleichviel welche Leidenschaft, oder auch nur der Schein der Leidenschaft, in Spiel und Gegenspiel unablässig steigere. Bei Heyse bleibt immer erforderlich, daß er an dieser Bewegung und Steigerung einen tiefern Antheil nimmt, und mit dem Schein der Leidenschaft weiß er nun gar nichts anzufangen. Brandes in der mehrerwähnten Studie hat so ganz Unrecht nicht, wenn er sagt, Heyse verstehe das Pathetische erst mit voller Origi­nalität zu behandeln, wenn das Pathetische halb pathologisch sei. Wenn er aber dann hinzufügt:Das eigentlich dramatische Pathos aus voller Brust wird bei ihm leicht unkünstlerisch-national, patriotisch nnd ein bischen alltäglich. Hierzu kommt, daß die Darstellung der eigentlich männlichen Aetion nicht seine Sache ist. In wie hohem Grade er mich in seiner Poesie über die passiven Eigen­schaften des Männlichen, wie Würde, Ernst, Ruhe, UnVerzagtheit gebietet, so fehlt doch ihm, wie Goethe, ganz das active Moment", so ist dagegen wenigstcus