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Ein Jugendfreund Goethes : Ernst Wolfgang Behrisch (1738-1809). (Schluß.)
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lichkeit bei Vermeidung alles Leeren, Phrasenhaften, Uncharakteristischcn - liegt darin nicht der Grnndaccord einer ganzen poetischen Richtung? Und Goethe schrieb dies spät, als er bei seiner schnellen Entwicklung und dem bald folgenden hoch­gehenden Flnge seiner Poesie gewiß längst vergessen hatte, zu wie vielen Anregungen und Förderungen im einzelnen er Behrisch verpflichtet war.

Literatur.

Dichtungen von Alfred Meißner. Liebhaberausgabe. Vier Bände. Leipzig, Fr. Will). Grnnow, 1379- 80. Die Dichtungen Alfred Meißners gehören bekanntlich znr einen Hälfte der vor­märzlichen Periode uusrer poetischen Literatur und der damals herrschenden Neigung zu dem au, was man politische Lyrik taufte, znr andern Hälfte der Entwicklung nach 1848 uud der Gegenwart. Soviel wir übersehen können, umfaßt die vor­liegende, in ungewöhnlich reicher und stilvoller typographischer Ausstattung erschienene Gcsmumtausgabe Gedichte, welche den ersten vierziger und solche, die den allerletzten Jahren entstammen, rcpräsentirt sonach die ganze poetische Entwicklung Alfred Meiß­ners, soweit dieselbe auf dem lyrischen und lyrisch-epischen Gebiete stattgefunden. Neben den sämmtlichen lyrischen Dichtungen des deutsch-österreichischen Poeten ge­hören ihr derZiska" (in 13. Auflage des Gedichts), die erzählenden Dich­tungenWerinhcr" nndKönig Sadal" an, von denen die letztere, wenigstens dem Referenten, völlig neu ist. Die Gedichte von derCommunion," welche die Jahres­zahl 184» trägt, bis zu denHerbstblumen," überschrieben«» Schlußliederu des vierten Bandes, die in tieferschütterten innigen Weisen um den frühen Tod der jungen Gattin des Dichters klagen, sind Erinnerungen eines reichen, zu Zeiten wild­bewegten Lebens, ihr Grnndzug ein düster elegischer, fast Pcssinüstischcr. Der Goethischen Forderung, daß die Poesie als weltliches Evangelium Heiterkeit wecken solle, ent­sprechen sie selten, aber auch der Dichter desFaust" hat erfahren müssen, daß es nicht überall im Willen des Sterblichen liegt, glücklich zu sein. Freilich wird selbst bei gleichartigen Lebcnsschicksalen immer die ursprüngliche Ncituranlagc eiues Dichters und der Zug gewisser Zeiten, den einen zu milder Versöhnung, den andern nur zu herber Resignation gelangen lassen. Meißner, welcher die Sammlung seiner Jugend­gedichte im Jahre 1357 mit den Worten hinausgesandt:

Spiegelt meines Stromes Welle

Wieder einen Hellern Tag

Wisset auch, wie seine Quelle

Düster zwischen Felse» lag. hat nach allem, was ihm inzwischen das Leben gebracht und genommen, sich ein wild pessimistisches Schlußwort nicht versagen mögen, das erEingang nnd Aus- gaug" überschreibt:

An: Lebenseingauq steht geschrieben: Alles steht in höherer Hut, Du sollst glücklich sein, sollst lieben. Ehre die Menschen, die meisten sind gut!