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Die griechische Frage.
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Die griechische Frage.

Griechenland und der Türkei nöthig sei, um die slavischen Völker an Friedens­störungen zu verhindern, entgegenzutreten. Diese Völker würden nicht mehr daran denken, den Frieden zu stören, sobald Europa ihnen Einrichtuugcu verliehen habe, die ihnen Leben und Eigenthum verbürgten nnd ihr Gedeihen sicherten.

Die türkischen Bevollmächtigten erklärten, daß sie dem Vorschlage Frank­reichs aus Maugel an Jnstrnetivnen von Seiten der Pforte nicht zustimmen könnten. Die übrigen Mächte, auch Deutschland nnd Oesterreich, nahmen den­selben an. Die Pforte und Griechenland ernannten später Commissare, die über eine Grcnzberichtignng beriethen; da aber jene zuwenig gewähren, dieses zuviel haben wollte, so kam es zu keiner Verständigung. .

Kehren wir nun zum Gange der schriftlichen Verhandlungen der Mächte iibcr die griechische Frage zurück. Lord Grcinville hatte in der Note vom 11. Mai vorgeschlagen, falls die Pforte die Ausführung des 13. Protokolls des Con- grcsses verweigre, eine Botschaftereommission zur Regelung der Sache in Berlin oder Paris zusammentreten zu lassen. Diese Commission solle durch sachkundige Delegirte eine Untersuchung an Ort und Stelle vornehmen lassen, nach denen sie endgiltige Beschlüsse fassen werde. Deutschland stimmte diesem Vorschlage mit dem Bemerken zn, daß ihm die Wahl von Berlin angezeigt erscheine. Am 17. Mai meldete Lvon Sah dem Minister Freyeinet, Deutschland habe angeregt, daß man der Pforte die Wahl lasse, an der Bvtschafterconferenz theilzunehmen oder nicht, doch unter der Bedingung, daß sie sich im Falle ihrer Betheiligung verpflichte, sich der Majorität zu unterwerfen. Er, Sah, habe geltend zn machen gesucht, daß, wenn der Pforte die Theilnahme gestattet werde, man auch Griechen­land zulassen müsse. Lord Granville habe das bestritten, indem er eingewendet, daß die Stellung dieser beiden Mächte eine sehr verschiedne sei, da es sich für die eine um Abtretung, für die andre um Erwerbung von Land handle. Am 19. Mai antwortete Freheiuet, was die Anregung Deutschlands hinsichtlich der Zulassung des türkischen Botschafters zur Confereuz der vermittelnden Mächte betreffe, so widerspreche sie dem, was bisher zwischen den letztem vereinbart worden, wofern man nicht Griechenland genau iu derselben Weise behandle wie die Pforte. Am 3. Jnni zeigte die französische Regierung in Athen und Kon­stantinopel den bevorstehenden Znsammentritt der Confereuz in Berlin an. Am 12. desselben Monats berichtete der französische Botschafter in Berlin, Graf St. Ballier, nach Paris, daß man sich geeinigt habe, Frankreich solle ans der Confereuz die Initiative für den Antrag nnf Reetification der türkisch-griechischen Grenze ergreifen. Am 15. protestirte die Pforte in einem Rundschreiben gegen den Zusammentritt der Conferenz. Indeß fand dieselbe bekanntermaßen doch statt, nnd die von Frankreich vorgcschlagnc Grenzlinie in Thessalien und Süd-