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Altonglischc Dramatiker.
sammenhang ihrer Natur und ihrcr Werke wissen. Ein hohes Interesse würde schon das Leben der drei Dramatiker, die im „Altenglischcn Theater" als Repräsentanten der Nachshakcspeareschcn Zeit auftrctein Webster, Ford und Mas- siuger bei der hervorstechenden Eigenart ihrer Dichtung darbieten. Wie die Dinge liegen, ist geringe Hoffnung vorhanden, daß wir über Notizen von Geburt, Studiengcmg, literarischeu Leistungen und Tod hinaus kommen, Notizen, die nicht einmal vollständig sind. Gleich bei John Webster lassen sie uns gründlich im Stiche, wir kennen weder sein Geburts- noch Todesjahr noch die Stellung, die er im Leben bekleidete. Er nennt sich einen Aorolnuit tiülor und ist vielleicht nur der Sohn eines solchen gewesen, er dichtet mit Dckter, Marston und Rowlcy zusammen, seine hervorragendsten Werke aber, den „Weißen Teufel" und viel später die Tragödien „Die Herzogin von Amalfi" und „Appins und Virginia" verfaßt er allein. Es lebt in seinen Werken eine selbständige, aber zum Düstem und Gewaltsamen neigende Phantasie, er hat die tiefsten Blicke in die Nacht der menschlichen Natur und in die dämonische Kraft der Sünde gethan. „Seine Gedanken haben," wie es der französische Literarhistoriker Taine ausdrückt, „ihren Wohnsitz zwischen Gräbern und Beinhäuseru aufgeschlagen. Die Stellen bei Hofe, sagt er, gleichen den Betten in einem Hospital, der Kopf des einen liegt neben des andern Füßen, nnd so geht cS immer abwärts. Derlei Gleichnisse sind sein Element; im Schildern von Schnrken, Verzweifelnden, wüthenden Misanthropen, im Darstellen der frechen Verwilderung und raffinirten Grausamkeit, besonders der italienischen Sitten, ist er unerreicht." Wesentlich anders stellt sich John Ford dar, der zwar auch gelegentlich grausige und vorwiegend tragische Stoffe behandelt, aber dabei versteht, „den Gegensatz des Edlen, Milden, Rührenden, in welchem seine Stärke liegt," herauszuarbeiten. Die Lebensumstände John Fords sind etwas klarer als diejenigen Websters. 1386 in Usington geboren, Angehöriger einer angesehncn Devonshircfamilie, hatte er die Rechte studirt, scheint als Anwalt gelebt zu habeu und wird wenigstens nicht müde zu versichern, daß er die Poesie nur als Nebenbeschäftigung treibe. Nachdem er schon 1606 mit einein dichterischen Erstlingswerke hervorgetreten, schrieb er erst in den beiden Jahrzehnten nach Shakespeares Tode seine Hauptwerke, „Die Hexe vou Edmvnton," „Das gebrochne Herz," „Givvcmni und Annabella" (lis xii? sluz's s. vlroro) und „Perkin Warbck", letztres nicht in Bezug auf deu Farbenreichthum nnd den Glanz einzelner Scenen, aber als Gesammt- composition und nach der Seite der Charakteristik seine beste Leistung. Mit Recht hebt der deutsche Uebersetzer iu seiner Einleitung hervor, daß sich dies Drama durch seine Form und Compositionsweisc, durch die glückliche Verbindung des historisch-politischen Moments mit einem Familien- und Hcrzcnsinteresse dem