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Literatur.
begehen. Diese Furcht vor gemalten dummen Streichen war immer ein charakteristischer Zug der Schule. Ihr Wahrzeichen ist es, daß das Weiche, Ferne, Musikalische, Contemplativc, Subjektive vor dem Starken, Nahen, Plastischen, Handelnden vorwaltet. Es sieht aus dieser Zeit wiederum ein Zopf heraus, nur ein vornehmerer und poetischer zusammengeflochtener als die alten pudrigen. Es fehlt die letzte Weihe, die naive Ursprünglichst, welche die Haare entweder frei wallen läßt oder kurz abschneidet."
Der Sturm, welcher alles Schwankende und Unklare ans der Düsseldorfer Schule hinwegfegte und der gehaltlosen Schwärmerei ein Ende machte, sollte nicht lange auf sich warten lassen.
Literatur.
Lessing-Forschungen nebst Nachträgen zu Lessings Werken. Von B, A. Wagner. Berlin, H. W. Müller, 1881.
Das vorliegende Buch, dessen Inhalt, wie der Verfasser im Vorworte mittheilt, bereits in einer Reihe von Aufsätzen in der Sonntagsbeilage znr Bossischen Zeitung veröffentlicht worden ist, führt einen doppelten überraschenden Nachweis: einmal, daß Lessing der Uebersetzer einer 1751 (mit der Jahreszahl 1752 auf dem Titcl- blattc) erschienenen deutschen Ausgabe von Voltaires kleinen historischen Schriften ist; sodann, daß Lcssing nicht erst, wie man bisher allgemein annahm, seit dem Februar 1751 in der Bossischen Zeitung, sondern bereits in den Jahren 1748—1750 in der bei Bossens Schwiegervater Rüdiger erschienenen und von Mylins redigirtcn „Berlinischen vriviiegirten Zeitung," der Vorläuferin der Bossischen, und gleichzeitig im Laufe des Jahres 1751 iu den im Verlage von Haude und Svcncr herausgegebenen „Critischen Nachrichten aus dem Reiche der Gelehrsamkeit" eine größere Reihe von Abhandlungen und Kritiken geliefert hat, die bisher niemand für Erzeugnisse der Lcssiugschen Feder gehalten. Der Nachweis ist in beiden Fällen durch Combination äußerer Umstände und durch stilistische und inhaltliche Argumente ebenso scharfsinuig wie überzeugend geführt. Den ersten Pnnkt namentlich, durch welchen Lessings anfängliche Stellung zu Voltaire in einem wesentlich neuen Lichte erscheint, wird schwerlich jemand anfechten, und was den zweiten betrifft, so ist, wie uns scheint, die Thatsache als solche gleichfalls unwidersprechlich bewiesen; für den einzelnen Aufsatz freilich unter den mehr als dreißig Aufsätzen nnd Kritiken, die der Herausgeber als Lessiugisch iu Ansprach nimmt, ist der Beweis oft nur bis zu einem, größcrn oder geringern Grade von Wahrscheinlichkeit erbracht. Da der Heransgeber von den 15 historischen Aufsätzen Voltaires drei der geistvollsten in Lessings Uebersetzung als Probe mittheilt, ebenso die sämmtlichen hier zum ersten male als Lcssingisch bezeichneten Arbeiten getrcn nach den Originalen wieder hat abdrucken lassen, so bildet sein Bnch eine interessante nachträgliche Festgabe znr Scieularfeier von Lessings Todestag, für die jeder Frennd nnd Kenner Lessings ihm dankbar sein wird.
Für die Redaction verautwurtlich: Johannes Grunow in Leipzig. Verlag von F. L. Herbig in Leipzig. — Druck von Carl Mnrqunrt iu Neuduitz-Lcipzig.