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Gneisenau in den Jahren 1815 bis 1831 :
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Gncisenau in den Zahre» ^3^5 bis ^33^.

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Persönlichkeit noch im Jahre 1825 das Mißtrauen des österreichischen Cabinets erregen konnte, so sind doch, wie es scheint, diese Ausschüsse zu einer wirklichen Thätigkeit nicht berufen worden.

Da Gneisenau durch die Sitzungen des Staatsrathes ohnehin der länd­lichen Ruhe entrissen war und mit der wiederkehrenden Gesundheit auch srische Lebenslust wieder in ihm erwachte, so bewarb er sich um die Stellung als Gouverneur von Berlin. Er erhielt dieselbe im Jahre 1818, beantragte aber bereits 1820, als der Staat in große finanzielle Bcdrängniß gerieth, daß die Stellung als eine bloß repräsentative eingehe. Der König nahm sein Anerbieten an, befahl aber, daß Gneisenau die Wohnung und den Titel eines Gouverneurs beibehalte. Er blieb daher nominell Gouverneur vvu Berlin bis zu seinem Tode und lebte abwechselnd hier und in Erdmanusdorf. Der Aufenthalt in Berlin wnrde ihm dadurch angenehmer, daß Clausewitz hierher versetzt wurde und auch mit andern Freunden in der großen Stadt der Verkehr leichter unterhalten werden konnte. Am Hofe wnrde er mit großer Aufmerksamkeit behandelt, und als König Friedrich Wilhelm sich mit der Gräfin Dillvu vermählen wollte, wurde neben Schön, als dem Vertreter der Civilbcamtcu, Gneisenau, als der Vertreter des Heeres, um sein Gutachten gebeten. Er gab, wie er Clausewitz (29. Sept. 1817) mittheilte, ein verneinendes Votnm ab, und die beabsichtigte Vermählung unterblieb. Im Jahre 1819 wurde Gneisenau zum Präses der Obcr-Militär-Examinations-Commission und am 18. Juni 1825, dem Jahrestage von Bellc-Alliance, zum Generalfeldmarschall ernannt.

In einer Stellung, wie sie Gneisenau seit seinem Eintritt in den Staats­rath einnahm, mußte er natürlich den verschiedensten Fragen der Politik, die damals den Staat in Athem erhielten, uahctreten, und seine Briefe aus jener Zeit mußten seine Theilnahme darthun. Doch mit Recht macht der Herausgeber darauf aufmerksam, daß auf diese Briefe nicht allzuviel Werth zu legen sei. Gncisenau sagt öfter von sich selber, daß die Dialektik seine Sache nicht sei. Er ist durchaus nur der Maun der That, nicht der Theorie; selbst in der Heer- führnng gehen seine Pläne in der Regel nicht über das zunächstlicgende praktische Ziel hinaus; selten finden wir eine Vorherüberlegung für die verschieden even­tuellen Fälle; erst im Moment des Handelns übersieht er die Situation, setzt sich das Ziel und wählt die Mittel. Wo Gneisenau einmal auf eine rein theoretische Auseinandersetzung sich einläßt, wird man ihn nicht immer auf der Höhe seines Geistes finden." In der preußischen Verfassungsangelegenheit gehört er weder znr Feudalpartei, deren Unfähigkeit er genügend kennen gelernt hatte, noch zur demokratische», die in ihrer antigonvernementcilen Richtung Staat und Gesellschaft umzustürzen drohte;so war ihm der liberale Aristokratismus mehr