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Das Herrenhaus.
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Zg8 Das Herrenhaus.

der sich dadurch ein langdanerndeö Andenken gesichert hat, daß er bei Beginn des letzten Kriegs mit Oesterreich erklärte, die Mittel zur Löhnung der Armee seien nur bis zu Ende der nächsten Woche vorhanden, Aehnliche Wege wandelte der ehemalige Ministerpräsident v. Mantenffel, Daneben suchten Unterstaats- seeretäre ci. D. durch die Schärfe ihrer Angriffe der Regierung uahe zu legen, daß ihre Befähigung zu noch höhern Stellungen von ihr verkannt worden sei. Die Minister Camphansen und Friedenthal haben diese Tradition in betrübender Weise wieder aufleben lassen, nachdem dieser wie jener ans eignem Ent­schlüsse unter schwierigen Verhältnissen aus dem gegenwärtigen Cabinette aus­geschieden waren und dem letztern die Weiterführuug der von ihnen selbst angefangnen Werke uud die Verantwortlichkeit für das Gelingen derselben über­lassen hatten.

Harte Worte für ein solches Verfahren dräugeu sich uuS in die Feder, Wir wollen sie nicht gebrauche». Das Publieuin mag die rechte Bezeichnung für eine solche Handlungsweise selbst finden, und es wird sie finden; denn eS gilt im gewöhnlichen Leben nicht für ein Zeichen edel angelegter Natnren, denen Steine in den Weg zu werfen uud in die Räder zu greifen, welche schwerwiegende Anfgaben zu bewältigen haben, zu deren Lösung die Hemmenden selbst sich uu- sähig fühlten.

Die 89 Mitglieder des Herrenhauses, welche die Minorität bei der Ab­stimmung über den Steuererlaß bildeten, setzt sich, wenn wir von einigen zorn­schnaubenden alten Herren absehen, die zu allem, was vorkommt, nein sagen, aus Reaetionären der äußersten Rechten wie Graf Lippe, Graf Brühl, Freiherr v. Tettau, Herr v. Rochvw und Herr v. Oldenburg, ferner aus fortschrittlich verblendeten Politikern wie die Herren v. Forckenbeck und Forchhnmmer, dann, wie bemerkt, aus uuzufriednen nnd frondirenden Beamten höherer Klasse und deren Eideshelfern und schließlich aus einer Anzahl fanatischer Freihändler nuter deu Bürgermeistern zusammen, die von ihrem doetrinären Standpunkte aus die angeblich schutzzöllnerische Regierung bekämpfen zu müssen meinen.

Diese Minorität stellt also ein Conglvmerat der heterogensten Elemente dar, Sie sind mit einander nur durch die aus den allerverschiedensten Motiven hervvr- gegangne Feindschaft*) gegen den Fürsten Bismarck und seine Politik verbunden. Ganz besonders lebhaft nnd auffällig äußert sich diese Stimmung bei solchen Herrenhausmitgliedern, bei denen ein besonderes königliches Vertrauen den Be­weggrund zu ihrer Ernennung und die Basis ihrer Stellung im Hause bildet. Sie glauben verwundersamer Weise jenes Vertrauen am geeignetsten dadurch

*) In wie weite Kreise wenigstens ein Anhauch dieses Gesühls geht, ersieht man aus der Haltung derPvst," die über die Sache Artikel vvu süßsaurem Geschmacke brachte.