löino «Lapponi.
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am wenigsten, wenn es, wie das bei Staatsmännern hnnfig der Fall ist, ans rasches Handeln ankäme, selbst nicht ans Kosten eines Irrthums," Dies Bewußtsein hat sein ganzes Leben hindurch an ihm genagt: In einer Grabschrift, die er sich selbst bestimmt hatte, sagte er, er habe nutzlos und unglücklich gelebt und Rcnmont urtheilt wohl mit Recht, daß auch ohne die schwere Prüfung einer mehr als dreißigjährigen Blindheit, sein Dasein kein wahrhaft glückliches gewesen sein würde.
Für sich selbst einfach und sparsam, jeder überflüssigen Ausgabe abgeneigt, entfaltete er für gemeinnützige Zwecke eine wahrhaft großartige Liberalitnt und war, voll edelster Menschenliebe, stets bereit, wie Verfolgte und Gefährdete zn retten, so Arme und Nvthleidendc zu unterstützen. Echte Humanität und tiefe Religiosität verschmolzen in seinem Wesen. „Er war Katholik im wahren Sinne," sagt Neumont, „mit weitem Herzen, warmem Gefühl, hochsinnig zugleich und demüthig fromm, ohne Undnldsanckeit, ohne Kleinlichkeit, ohne Frömmelei, entschieden für seine Kirche eintretend mit dem festen Glauben au ihre Zukunft, wie er ihre göttliche Pflanzung öffentlich bezeugte," (a. a, O, S, 404 f,) Das siout vaäÄVsr war freilich nicht seine Sache; er bewahrte sich auch der Kirche und ihren Lehren gegenüber die freie Unabhängigkeit des Urtheils. An den Bestrebungen der Lamcuuaisscheu Schule, welche die Kirche von der Staatsgewalt unabhängig macheu, zugleich aber auf eiue demokratische Basis stellen wollte, nahm er lebhaften Antheil. Mit Lamennais selbst stand er wie mit Mont- alembert in persönlichem Verkehr, wenn auch schon sciue italienisch-nationale Auffassung des Papstthums vielfache Abweichungen von dem Standpunkte beider Kirchenpolitiker bedingte. Dagegen stimmte er dein Cavvurschen Wahlspruche von der freien Kirche im freien Staate aus vollein Herzen bei. Jedes Hinübergreifen der Kirche auf das weltliche Gebiet war ihm in tiefster Seele verhaßt, „Die Religion," sagte er, „darf nie angernfeu werden, um eine sveiale Frage oder ein politisches System oder ein materielles Interesse zu definiren — das
haben Päpste gethan.....Sie verkündet, scmetionirt, veredelt die großen
leitenden Prineipicn, deren praktische Anwendnng Sache der Menschen ist." Aber ebenso verurtheilte er jedeu Uebergriff des Staates auf das kirchliche Gebiet. Durchans kein Frennd mönchischer Faulheit, tadelte er doch die gewaltsame Aufhebung der Klöster als ein historisches Unrecht und zugleich als eine Verkennnng der Natur und der Bedürfnisse des Volkes. Entschiedener Anhänger der obligatorischen Civilche, wollte er doch auch die religiöse Seite des Verhältnisses durch eine nachfolgende in der Regel ebenfalls obligatorische kirchliche Trauung gewahrt wissen. Als der Culturkampf in Preußen begann, erkannte er sofort die Bedeutung des Wagnisses. „Der Reichskanzler," sagte er u. a., „ist ein Gmizlwtm'l. 1881. »5