Politische Briefe.
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So viel vom Staatssoeialismns. Nun von dem ersten Schritt, den wir in demselben'zu thun im Begriff sind. Die Lehre der Mauchesterschulc, daß aus dem freien Spiel der wirthschaftlichen Atome sich die zuträglichsten Beziehungen der letztern und der beste Zustand der Gesellschaft ergeben, ist falsch, so blendende Vertheidigungen sie anch gefunden hat. Was bei diesem atomistischen Spiel herauskommt, ist die Verwandlung eines immer mehr zunehmenden Theiles der Nation in Schlacke, die Entwöhnung der Klassen, welche sich in Besitz und Gewinn behaupten, von allen socialen nnd humanen Pflichten außer einer äußerlichen Beobachtung der Rechtsordnung. Die Lohnarbeiter, heute durch steigende Nachfrage auf unsichere Zeit in die Fähigkeit der Befriedigung lauge unterdrückter Bedürfnisse versetzt, morgen auf das Nichts angewiesen, müssen alle moralische Spannkraft mit der Hoffnung verlieren, aus solchen Existenzbedingungen etwas für ihr Leben dauerndes auch bei den geringsten Ansprüchen an individuelle Selbständigkeit und ehrbare Lebenshaltung auszubauen. ^>o entsteht Menschenschlacke im physischen und moralischen Sinn, und die Gewöhnung, dieses dem Untergänge geweihte Material rücksichtslos als Werkzeug zu verbrauchen, wirkt ebenso zerstörend auf das sittliche Gefühl, auf den sittlichen Glauben der Unternehmer. Diesen schrecklichen Zersetzungsproceß gilt es aufzuhalten. Aber das Heilmittel, die sogenannte Organisation der Gesellschaft kann nie als ein fertiger Plan erdacht, kann nur Schritt für Schritt gefunden, »ersucht und erarbeitet werden. Es gilt, die Existenz des Lohnarbeiters Schritt Kr Schritt der Unsicherheit zn entheben, welche dieselbe zu einem Häufchen Sand im Sturm des wirthschaftlichen Lebens macht. Wo den Hebel ansetzen?
Es scheint ein praktischer, mit genialem Blicke auf den Kern der Sache dringender Gedanke, den Hebel beim Versicherungswesen anzusetzen. Freilich hat das Herausfinden des wahren Ausatzpunktes, wie so oft. einen lächerlichen Namensbruder gehabt in dem barocken Einfalle, die ganze Existenz des Arbeiters durch Prämien zu versichern, welche aus dem Arbeitslöhne der paar Wochen gezahlt werden sollen, wo es ihm geglückt ist Bcschästigung zu finden. Es genügt, diesen Einfall zu erwähnen. Will man einer Sicherung der Arbeiterexistenz durch die Technik der Versicherungen nahe kommen, so muß man genau berechnen, welche Tragfähigkeit die vorhandenen Bedingungen der Arbeiterexiftenz haben, um aus eigner Kraft einen Theil und welchen Theil ihrer Unsicherheit zu beseitigen. Wo gar keine solche Tragfähigkeit vorhanden ist, da muß der Eintritt andrer Elemente anstatt der ungenügenden Kraft des Arbeiters herbeigeführt werden, und es muß das Auge auf diejenigen Elemente fallen, deren Jnteresfe mit der Entfernung gewisser Schädlichkeiten, welche die Arbeiterexistenz
gefährden, zunächst zusammenfällt oder für welche eine Pflicht zur Bekämpfung Ärcnzboten I. 1881,