Kriegführung im Mittelalter.
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uns nun in Waffen, beim Turnier und im Kriege schildert.*) Die Quellen, denen der Verfasser sein Material entnimmt, sind auch hier vorzüglich die Epen der damaligen Zeit und die Reste der plastischen und malerischen Kunstwerke, welche sie hervorbrachte, und welche die zahlreichen in den Text gedruckten Holzschnitte veranschaulichen. Wie wir beim Erscheinen des ersten Bandes die Leistung des Autors nicht besser charakterisiren zu können glaubten als durch Auszüge aus einigen seiner Capitel, die zu einem Bilde gruppirt waren, so wollen wir auch diesmal in gleicher Weise verfahren.
Das Buch verbreitet sich im zweiten Theile zunächst über die Bewaffnung der mittelalterlichen Kriegsleute, dann über die Turniere, ferner über die Bräuche bei Fehden, Zweikämpfen und Gottesurtheilen, um sodann zu der Kriegführung in den Tagen der Kreuzfahrer überzugehen, einem Thema, auf welches eine Betrachtung der damaligen Schifffahrt folgt. Hierauf berichtet uns der Verfasser über die Angriffs- und Vertheidigungsmittel, die bei den Belagerungen jener Periode zur Anwendung kamen. Der letzte Abschnitt des Werkes handelt zuerst vom Alter, dem Tode und dem Begrabniß der Menschen, die es schildert, um darauf mit Blicken auf den Verfall des Ritterthums und der höfischen Kunst, sowie einem Gesammtbilde der höfischen Gesellschaft und ihres Verhältnisses zur Kunst zu schließen. Wir wählen zu unsern Auszügen den Abschnitt über die Kriegführung zu Lande und verweisen in Betreff des übrigen auf das Werk selbst, das wir als eine ebenso gründliche als geschmackvoll ausgeführte Arbeit nochmals bestens empfehlen.
War eine „Heerfahrt," d. h. ein Feldzug beschlossen, so wurde sie im Lande durch Boten ausgerufen, und die Lehnsträger, sowie die Behörden der zur Stellung von Truppen verpflichteten Städte erhielten brieflich den Befehl, sich zu rüsten und zu bestimmter Stunde auf dem Sammelplatze einzutreffen, wobei Ungehorsame und Säumige mit strengen Strafen bedroht waren. Genaue Verzeichnisse der zum Kriegsdienste verpflichteten erleichterten die Controle. Einen wesentlichen Theil des Heeres bildeten die Fußtruppen, die, an Zahl den Rittern weit überlegen, mit Bogen und Armbrüsten, Schleudern, Keulen und Lanzen ausgerüstet waren. Ueber die Art, wie diese Schaaren geübt und geschult wurden, wissen wir nichts bestimmtes. Die Städter hatten wohl Gelegenheit, sich im Dienste der Stadt Kenntniß des Waffenhandwerks anzueignen. Aber den Bauern war ja das Tragen von Waffen untersagt, und wie sollten sie, zum Kampfe aufgeboten, nun plötzlich die dazu erforderliche Geschicklichkeit besitzen? Zu Nitharts Zeit veranstalteten sie allerdings gleich den Rittern Turniere, aber es bleibt eine offene Frage, wie sie marschiren, Schritt halten, sich formiren und
*) Das höfische Leben zur Zeit der Minnesinger von Dr. Alwin Schultz. 2- Band mit 136 Holzschnitten. Leipzig, S. Hirzel, 1380.