Iilliiis Nosen.
neuen Theorie bewußt geworden) sondern gleichsam nur illustrieren. Bei jeder wirklichen Vertiefung iu dargestelltes Leben, in Liebe und Haß, in Leidenschaft und Action, in den Kampf von Naturen und Gestalten, die nicht bloß Vehikel für einen von der souveränen „Kritik" gesetzten Inhalt der Geschichte, nicht bloß Sprecher für eine im voraus feststehende Anschauung waren, mußte man selbst wieder iu das verlachte und als armselig verspottete „Concrete" zurückfallen. Dies erfuhren Mosen und andre mit ihm strebende Dichter bald genug, aber doch nicht rechtzeitig genug, um die rechte Versöhnung zwischen dem „weltgeschichtlichen Bewußtsein", für das sie die dramatische Form suchten, und dein unbeugsamen Gesetze der poetischen Gattung zu finden.
Verwuudern aber darf es nicht, daß eine leicht anzuregende, von echter patriotischer Empfindung erfüllte phantasievolle Dichternatur wie die Moseus vvu einer Theorie, die der Dichtung eine entscheidende Mitwirkung an den großen Aufgabe»» der Zeit zuzuweisen und eine fruchtreiche Zukunft zu verbürgen schien, überwältigt wurde. Es hätte gar keiner persönlichen Beziehungen bedurft, wie sie thatsächlich eintraten, um den Poeten für das politisch-philo- sophisch-üsthetische Programm der „Jahrbücher" zn gewinnen. Die bedeutendste Einwirkung, nach welcher sich Mosen völlig über die Gefahren des neuen Weges und das Bedenkliche eines historischen Dramas immer stärker täuschte, zu welchem nicht das poetische Motiv oder Problem (das immerhin „zeitgemäß" sein mochte, ja, wahre Schöpfuugskraft eines Dichters vorausgesetzt, zeitgemäß sein muß) souderu der sich (angeblich) entwickelnde „weltgeschichtliche" Gedanke den Anlaß gab, war indeß persönlicher Natur. Der eingangs erwähnte bemerkenswerthe Aufschwung des geistig küustlerischen Lebens in Dresden hatte Rüge und Echtermayer, denen der hallische Boden nnter den Füßen zu brennen ansing, veranlaßt, sich nach Dresden zu wenden. Sie setzten hier bis zum endlichen Verbote durch die sächsische Regierung ihre „Jahrbücher" fort und hegten eine Zeitlang die eitle Hoffnung, durch den Minister von Lindemu zur Gründung einer „freien Universität" in ihrem Sinne in Dresden zu gelangen. Daß bei der schon hervorgetretenen neuen Richtung Mosens der Umgang mit den geistig hervorragenden, "vu ihren Ueberzeugungen völlig durchdrungnen Männern vollends bestimmend wirken mußte, war unausbleiblich. Ein Zeugniß davon ist jene Vorrede „Ueber die Tragödie", mit welcher Mosen die Herausgabe seines „Theaters" (Stuttgart, ^842) begleitete. „In Frankreich", heißt es hier wörtlich, „verwahrte sich gegen die Restauration der fortschreitende Gedanke der Menschheit in der Julirevo- lutivn. in Deutschland hatte er sich in die Philosophie zurückgezogen. Es arbeitete sich jetzt daraus hervor der neue, weltbezwingende Gedanke, welcher in den Worten zusammengefaßt werden kann: Gott offenbart sich dnrch die Natur an die Menschheit' und in dieser durch die Weltgeschichte, welche im