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schneidigem Wesen. Er enthielt Mißbilligung, aber keinen Vorwurf und bezog sich nnr auf das gesellschaftliche Leben.
Erst von 1848 an wurde das Wort ein politischer Ausdruck und Junker- thum der Name einer politischen Partei. „Während sich in Berlin eine Nationalversammlung, hervorgegangen aus dem allgemeinen Stimmrechte, mit der Zerstörung der ritterschaftlichen Privilegien und andrer Ueberbleibsel des Mittelalters beschäftigte,*) versammelte sich an demselben Orte eine Art Convention, bestehend aus Gutsbesitzern und deren Verwandten und Gesinnungsgenossen in der Absicht, ihre Vorrechte zu vertheidigen. Diese Convention, von deren Mitgliedern nicht wenige keinen Henkel an ihrem Namen (kein „von" vor demselben) hatten, wurde vom Volke (richtiger wohl von Kammerrhetoren, Zeitungsschreibern und deren Nachtretern) das Junkerparlament getauft, und als der Streit der Parteien sich erhitzte, nahm der Ausdruck mehr und mehr gehässigen Klang an." Junkerthum war den Liberalen damaliger Zeit nichts mehr als Beschränktheit nnd Pochen auf bevorzugte Stellung. Mommsen nannte in seiner „Römischen Geschichte" „Engherzigkeit nnd Kurzsichtigkeit die eigentlichen und unverlierbaren Privilegien alles echten Junkerthums."
„Bismarck ist," wie der in der Anmerkung erwähnte Artikel weiter sagt, „einer Familie entsprungen, welche dem preußischen Heere viele Junker gegeben hat, und als er ein junger Bnrsch war, hatten sich die obenbeschriebenen Eigenschaften eines Junkers (Stolz und Uebermuth, noble Passion und Schneidigkeit) in ihm vollständig entwickelt, aber mit entschiedenem Vorwiegen des bessern Theiles derselben. Als Student war er mit der Zuuge und dem Degen rasch bei der Hand, und die Bürger Göttingens erinnern sich seiner Streiche noch recht wohl. Nachdem er in den Staatsdienst getreten, wollte er sich nicht in dessen pedantische Art und Weise fügen, gab seine Stellung mit der Erklärung auf, daß er nicht so ledern wie seine Vorgesetzten zu werden Lust habe, und zog sich aufs Land zurück, um fein Gut zu bewirthschaften." Wie wenig er thatsächlich den Leuten des Junkerparlaments glich, mag eine kleine Anekdote zeigen, die wir dem Korrespondenten abgekürzt nacherzählen.
Außer Schleswig-Holstein war durch die Verträge von 1815 das kleine Herzogthum Lauenburg mit Dänemark vereinigt worden. Dieses wurde durch deu Tod des Königs-Herzogs Friedrich VII. thatsächlich rss vullius, Niemands- Land. Nicht einmal der Prinz von Augustenburg, sonst so erfinderisch in der Fabrikation von Erbfolgeansprüchen, war im Stande, einen Anspruch auf Lauenburg zu entdecken, der nicht das Lächeln seiner ergebensten Anhänger erweckt
*) Wir citieren hier die Darlegung der Sache, welche die Nsv-VorK Lridrms im Oetober 186« von einem Correspondentcn brachte, der die Verhältnisse genau kannte.