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Politische Briefe : 19. Die Eröffnung der Landtagssession.
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Jahres gegangen ist. Keine Frage: Hätte die Curie bewirkt, daß die Mai­vorlage zur unveränderten Annahme gelaugte, so Hütte sie auch zu einem für die Curie sich immer besser gestaltenden mocws vivsiM gelangen uud damit für ihre derzeitige Weltrolle einen unermeßlichen Vortheil gewinnen können. Ganz hat es an dieser Erkenntniß auch im Vatican nicht gefehlt, aber sie hat nicht durchbrechen können. Das eine Hinderniß sind die Jesuiten ge­wesen, das zweite das deutsche Ceutrum. Das Centrum fürchtete die Con- sequenzen eines Friedens, der nicht ein voller römischer Triumph wäre, für seine Politische Rolle im deutschen Reiche. Auch die Rechnung, unter welche die Jesuiten die Posten der heutigen Weltlage bringen, ist nicht in undurch­dringliches Dunkel gehüllt. Sie wird vielleicht einmal zu beleuchten sein. Für die deutschen Verhältnisse ist die Thatsache besonders folgenreich, daß das Centrum den Frieden, von dem alle verständigen Leute wissen mußten, daß er uicht in einem Tage zu erreichen sei, bei dem Versuche der Grundlegung vereitelt hat. Es scheint nicht, daß man über die Heilsamkeit dieser That ein sichres Ge­wissen hat.

Daß der Kanzler, wenn sein Friedensversuch von römischer Seite vereitelt worden, den Kampf mit nachdrücklichern Mitteln aufnehmen werde, ist gleich bei der Anstellung des Versuchs in unsern Briefen vermuthet wordeu. Jetzt ist kein Friede, aber auch kein Krieg, weil das Centrum eine schwache, uach unserer Meinung leere Hoffnung auf Anstellung neuer Friedensversuche entweder hegt oder wenigstens vorzugeben für gut hält. Der Kanzler wird abwarten, wie das Centrum die Consequenzen der Rolle zieht, die es mit der Zurück­weisung der Maigesetzvorlage augetreten.

Literatur.

Reisebriefe eines Diplomaten. Von Charikles. Wismar, Hiustorff, 1880.

Das vorliegende Buch eines Pseudonymen Verfassers besteht aus mehreren Theilen, welche zu verschiedenen Zeiten geschrieben sind und, wie die Verlagshcmd- mng in den einleitenden Worten sagt, bereits in literarischen Revuen, wenn auch ni anderer Gestalt, erschienen sind. ' Der erste Abschnitt enthält Briefe aus Konstan- tmvpel aus dem Jahre 1876, Im zweiten ist ein Ausflug nach dem Thurme von Vabel im Jahre 1850, im dritten eine diplomatische Sendung aus dein Jahre 1851Von Bagdad nach Jspcchan" geschildert. Den Schluß bildet ein Aufsatz, betiteltVor dreißig Jahren, die erste Ferienreisc", der uns von Wien aus, die Donan aufwärts, dann vom Bodensee den Rhein entlang nach Köln und endlich nach Paris führt.

Man kann dem Verfasser das Zeugniß eines gut gebildeten und auf allen Gebieten wohlbewanderten, anmuthigen Schilderers und Erzählers nicht versagen. Ausgestattet mit eiuem empfänglichen Sinn für Naturschvnheiten, benutzt er jede