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Das deutsche Judenthum in seiner Heimat :
(Fortsetzung.)
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schaften ausgestattet, die ihm anderswo abhanden kommen. Denn sind es auch deutsche Juden, die hier wohnen, von Deutschland her vor Alters herübergesie­delt und die deutsche Sprache redeud, so ist doch hier jetzt ihre Heimat, so weit ein Volk eine Heimat haben kann, das durch seine Religion grundsätzlich des Heimatbewußtseins beraubt wird. Es hilft nichts, die Augen gewaltsam vor dieser Frage des Judenthums zu schließen in der Hoffnung, daß andere dasselbe thun werden und daß die Völker allmählich infolge des Nichtbecichtens dieser Frage vergessen werden, daß sie besteht, bis sie sich einmal von selbst löst. Das gebildete Judenthum hat seine Zuflucht genommen zu der liberalisierenden Dvetrin des Gehenlassens und der freien Verschmelzung der Völker und Rassen und Meinungen. Ich wünschte, daß die Anhänger dieser Lehre nicht einmal genöthigt würden zu bekennen, daß sie sich selbst mit dieser scheinbar liberalen Behandlung am meisten geschadet haben. Denn mich dünkt, daß sie nur dann Recht hätten, von einer Vertagung der Sache Gutes zu hoffen, wenn die Sache selbst vorwiegend in den jeweiligen Meinuugen und Vorurtheilen der Menschen wurzelte, welche im Laufe der Zeit von selbst sich klären und ändern könnten. Die gebildeten Juden des Westens meinen, daß, wenn sie oder ihre Kinder durch Mischung mit ihren Nachbarn andrer Abstammung und durch die ausgleichende Kraft des täglichen Verkehrs und Lebens ihre eigentlich jüdischen Besonderheiten äußerlich und innerlich abgelegt haben werden, die Frage aus der Welt werde geschafft sein. Allerdings für sie; nicht aber für die Masfe des Judenthums, nicht für Europa. Denn wie jene gebildeten Juden mit Annahme des Strebens nach Verschmelzung schon das Judenthum principiell ausgegeben haben, so stellt sich der polnische Jude principiell jenem Streben, jener Meinung entgegen. Verschmelzung mit andern Völkern ist ihm sittlich widerwärtig, religiös eine Sünde. Wovon der westliche Jude eine Lösung der Judenfrage erwartet, das ist der Masse des Judenthums eiu Greuel, ein Verbrechen. Tradition, Lehre, Glauben, Volksmeinung verbieten diese Art der Lösung der Frage bei Millionen. Hat da das Gehenlassen, die freie Entwicklung bei Zehntausenden des Westens Aussicht auf Wirksamkeit? So lange das Judenthum in Rußland, Oesterreich und den Donauländern in seiner Geschlossenheit fortbesteht, wird es in Berlin, Wien, Prag u. s. w. stets Cvlonien haben, welche die Judenfrage immer wieder zur Tagesfrage machen werden. Und damit bleibt die Gefahr lebendig, daß ein böser Tag einmal über den Geist der Völker komme.

Ich wünschte, daß das starke Judenthum dieser Länder mit Vorsicht, auf dem Wege freisinniger Behandlung gebrochen, daß hier das Nest zerstört würde, darin jener nationale Charakter immer und immer wieder groß gezogen wird, welcher nun einmal den nationalen Sitten und Forderungen der heutigen Cultur­völker widerstreitet. Ich wünschte, daß das auf freisinnigein Wege friedlicher