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drückendes Steuersystem einführen. Die Bevölkerung wird zum Anbau des nncul- tivierten Landes ermuntert, der herrschenden Diirre wird dnrch Anlegung von großen Wasserreservoirs begegnet, der Verkehr durch deu Bau von Straßen gefördert. Unglaubliches leistet Taylor als Ingenieur und Bauführer, wenn man bedenkt, daß er die für diesen Berns nothwendigen Kenntnisse sich erst erwerben muß. Und wohin er kam, waren die öffentlichen Kassen leer, der Steuerdruck unerträglich, die öffentliche Sicherheit gefährdet und nichts für den Anbau gethan; schied er, so waren Wohlstand und Zufriedenheit heimisch.
Erstaunlich ist dabei die Arbeitskraft, die Taylor entwickelt. Neben seinen anstrengenden Rcgierungsgeschäften hat er noch Zeit, die Stelle eines Timescorre- spondenten zu übernehmen, Novellen und Romane culturgeschichtlichen Inhalts, die aus dem Boden Indiens spielen, zu schreiben oder vorzubereiten uud mit der Geschichte und den Alterthümern des Volkes, unter dem er lebt, sich zu beschäftigen. Bei seinen vielfachen Reisen, die er in seinem Amte unternehmen mnßte, findet er immer noch Zeit zu Jagden oder zu Ausflügen nach denkwürdigen Orten. Seine Liebe zur Natur und zur Kunst treibt ihn auch noch zum Zeichnen und Malen. Und dieser Mann, der gelegentlich wohl auch als Dichter und nach seiner Rückkehr nach England als Geschichtsschreiber und Neduer auftritt, war nicht einmal gesund und in seinen: häuslichen Leben sorgenlos. Oft wirst ihn das Fieber aufs Krankenlager, und mancher herbe Verlust machte ihn in Indien zum alleinstehenden Manne.
Niemand wird Taylors Biographie ohne Interesse lesen. Enthält sie doch, da der Verfasser in allen Sätteln gerecht war, eine Fülle von Schilderungen und Urtheilen über Indien und seine Bewohner, ganz abgesehen davon, daß der Verfasser selbst, „ein Vorbild treuester Pflichterfüllung, ein Mann in des Wortes bester Bedeutung und ein demüthiger Christ", unsere vollste Sympathie sich beim Lesen des Buchs erwirbt und wir mit warmer Theilnahme seinen Lebensschicksalen, die er mit männlicher Geradheit und Schlichtheit erzählt, bis zu seinem Ende folgen.
Die Bearbeitung ist im Ganzen lesbar. Constrnctionen wie „das Sortieren von Lcinwandvroben, worin ich durch meinen feinen Tastsinn bald Sachverständiger wurde und zuweilen zu meinen Prinzipalen in das Sprechzimmer gerufen ward", ferner „sie baten mich den noch im Gefängniß schmachtenden Beydur frei zu geben, was sie als eine große Gnade zu schätzen wissen und mir in allen Stücken unbedingt gehorchen würdeu" und ähnliche Unebenheiten sind freilich nicht selten. Bei den indischen Ortsnamen bedient sich der Uebersetzcr der englischen Schreibweise, obgleich wir in Deutschland an diese weniger gewöhnt sind. Zuweilen gebraucht er sie aber auch bei andern Eigennamen; so wird aus dem bekannten Missionar Franz Xaver (o. Xavier) ein St. Francis Xavier. Jnconsequcut erscheint es, daß neben Ssturcl^ Roviövv und Nm-ninx I^ost u. s. w. Vierteljahrs - Rundschau und nicht der englische Titel für die bekannte Zeitschrift geschrieben ist. Doch das sind Kleinigkeiten. Alles in Allem, kann die Übersetzung mit gutem Gewisse» empfohlen werden; es ist ihr, gleich dem englischen Original, die weiteste Verbreitung zu wünschen.
Berichtigung.
In unserm letzten „Politischen Briefe" über die Dombaufeier in Köln ist ein störender Satzfehler übersehen worden. S. IM soll es heißen: „einereine Aussöhnung mit dem Andenken Friedrich Wilhelms IV." anstatt „eine kleine Aussöhnung". D. Red.
Für die Redaction verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig. Verlag von F. L. Herliig in Leipzig. — Druck von Emil Herrmann svnior in Leipzig.