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zerstört. Bei Gamelsdorf, im Jahre 1313, hat Siegfried für Ludwig gefochten und für den dort erlittenen Schaden von ihm die Burg Grunsberg erhalten, bei Mühldorf ist er nicht gewesen.

Eine eigenthümliche Gestalt, dieser erste Wittelsbacher, der die Kaiserkrone ge­tragen hat! Ein glücklicher Schlachttag verleiht dem fast erliegenden den sichern Besitz des Thrones, auf dem er den Habsbnrgern und den Lützelburgeru doch immer nur als unberechtigter Eindringling erscheint, der höchsten Klugheit in seiner schwie­rigen Stellung bedürftig und doch häufig den Regungen des Gefühls als ihrer Stimme gehorchend; indem er sich von dem souveränen Volke von Rom die Kaiser­würde verleihen läßt, führt er gegen die hergebrachte kirchliche Ordnung einen so kühnen uud herausfordernden Angriffsstoß wie ihn kein Salier oder Staufer in den Tagen ihrer größten Machtfülle gewagt hat, und doch zeigt er in kirchliche» Dingen so wenig Selbständigkeit uud endet so kleinmüthig.Jetzt Schreiber," ruft der Chronist Matthias von Nenenburg aus, als er ans die Zeiten Ludwigs kommt, schärfe deinen Geist! Denn ein schweres Stück Arbeit harrt deiner, willst du schildern den langen und langsamen Flug eines gewaltigen Adlers, der thöricht zu­gleich und klng, achtlos und sorgenvoll, träge und ungestüm, niedergeschlagen wie heiter, kleinmüthig wie tapfer, bei allem Unglück doch glücklich, noch aufstieg, wäh­rend ihm schon die Flügel versengt waren."

Mit Recht räumt Riezler der Schilderung Kaiser Ludwigs und seiner Kämpfe mit der Kurie einen breiteren Raum ein. Auch der der innern Zustände widmet er besondere Sorgfalt. Manches in diesen ist in den allgemeinen Verhältnissen be­gründet, anderes ist specifisch bairisch. Ein wenig erfreuliches Bild zeigen die kirch­lichen Zustände; gerade in dieser Zeit hat die Kirche in Baicrn ihre unwürdigsten Vertreter, in Regensbnrg jenen Albert, der Mörder für sich wirken läßt, in Salz­burg den Philipp, der sein Vermögen unter den Wiener Schönen verjubelt hat und Turniere abhält trotz einem weltlichen Fürsten. Auffallend ist die starke Verbrei­tung der Waldenser in Baiern, die seit Mitte des 13. Jahrhunderts hier unter dem Namen Lyonisten erschienen; um 1260 fand die Inquisition in der Divces Passau österreichischeil und bairischen Theils 421 Gemeinden, in denen sie Anhänger be­saßen. Die bairischen Städte zerfallen in bischöfliche, von denen uur eine, Regens­burg, sich zur Reichsfreiheit aufgeschwungen hat, und in herzogliche Landstädte; fast bei allen Städtegrttndungen der letztern Art läßt sich als mindestens mitwirkendes, theilweise bestimmendes Motiv der feindliche Gegensatz gegen einen benachbarten Bischof beobachten: München, die einzige, welche die Wittelsbacher schon von den Welsen übernahmen, sollte dein Freisinger, Landshut, Lcmdcm uud Dingolfing sollten dem Regensburger, Friedberg, vielleicht auch Raiu, dem Augsburger trotzen, und wenn Herzog Ludwig Landshut vor München als Residenz bevorzugte, so hatte das auch weniger seinen Grund in der fruchtbaren Umgebung als in dem Umstände, daß er dort nicht wie in München durch die Rechte des Bischofs beengt war; doch wurde auch dieses in Folge der Theilung Residenz, und da die Münchner Fürsten die Lcmdshuter sowohl als die Jngolstädter überlebten, so wurde es 1504 Hauptstadt des ganzen Landes. Was die Verwaltung und Polizei betrifft, so läßt die Gesetz­gebung, ziemlich die einzige hierfür zn Gebote stehende Quelle, erkennen, daß beide, obgleich noch keineswegs zum System entwickelt, doch vielfach ins Einzelne gehen uud in Gestalt staatlicher Bevormundung selbst Uebergriffe auf das privatrechtliche Ge­biet machen. Bei Strafe der Friedlosigkeit ist es z. B. verboten, in den Städten Nachts ohne Licht oder bewaffnet auszugehen, ein anderer Erlaß gebietet allen Bauern und Bauerssöhnen, die Haare bis an die Ohren gestutzt zu haben; das Lcmdshuter Stadtrecht untersagt nicht nur falsche Würfel, sonderu auch gewisse