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Hand gewinnen, nur daß jetzt nicht mehr die alten Bolksstcimme, sondern die fürst­lichen Dynastien, die nenen Landesherren ihre Träger sind. Noch besaß Baiern nicht jenes Maß politischer Bedeutung, das ihn: heute den Vorrang unter den deutschen Mittelstaaten sichert. Dennoch war hier durch den Bestand einer mächtigen Herzogs­gewalt einer ähnlichen Zersplitterung, wie sie Franken, Schwaben und Sachsen er­fuhren, vorgebengt. Ihr verdankt es anch das Land, daß es von den Fehden des Adels unvergleichlich viel weniger zu leiden hatte als die in eine Unzahl kleiner Herrschaften zersplitterten Nachbargebiete. Dafür wurden ihm freilich von Zeit zu Zeit durch die Familienhändel seiner Fürsten um so tiefere Wunden geschlagen, seit­dem die Wittelsbacher Brüder Ludwig und Heinrich mit der Theilung ihrer Länder im Jahre 1255 ein Beispiel von Verletzung des Reichsrechtes gegeben hatten, das nun auch iu cmderu Fürsteuhäuseru fleißige Nachahmung fand.

Naturgemäß zerfällt dieser Zeitraum in zwei Abschnitte, in den stausischen bis zum Untergänge des Kaiserhauses und den uachstaufischen. In jenein, der Dank dem Wohl uicht ganz reinlichen Handel der Baiernherzöge mit ihrem nach Italien zur Schlachtbank ziehenden Neffen Konradin mit reichem Landerwerb für ihr Haus abschloß, treten zwei düstere Blutthaten hervor, die Ermordung König Philipps zu Bamberg durch den Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach, eine Unthat, zu deren Auf­hellung auch Riezler nichts beizutragen vermag, und die Hinrichtung von Philipps Enkelin Maria vou Brabcmt, der als vermeintlicher Ehebrecherin der eigene Ge­mahl, Herzog Ludwig II. von Oberbaicrn, Beleidigter und Richter in einer Person, im Jahre 1256 auf dem Mangoldsteine in Douauwvrth das Haupt abschlagen ließ. Der zweite Abschnitt dagegen begreift die Nebenbuhlerschaft des Hanfes Wit­telsbach mit den neben ihm emporgestiegenen, es überflügelnden nenen Häusern Habs­burg und Lützclburg, von denen jenes auf Grundlage der alten bairischen Marken im Osten nach Zertrümmerung des Reiches Ottvkars vou Böhmen eine überlegene Hausinacht aufrichtet, dieses uach dem Erlöschen der Przemisliden die böhmische Königskrone erwirbt. Die Ausschließung Baicrns, des mächtigsten Herzogthums im Reiche, vom Erzmarschallamt und dem Kureollegium zn Gunsten Böhmens durch Rudolf vou Habsburg giebt diesem feindlichen Gegensatz den deutlichsten Ausdruck. Allein nach raschem Aufschwünge nöthigt die Niederlage Friedrichs von Oesterreich bei Mühldvrf Habsburg für lange Zeit auf die Führerrolle im Reiche zu verzichten und Ludwig dem Baier deu Königsthron zu überlassen. Erwägt man, daß von da an Jahrzehnte lang, bis auf die blutigen Kämpfe gegen die Eidgenossen und die schwäbische» Städte, im Reiche keine große Schlacht mehr geschlagen wurde, so begreift man, wie der Mit- und Nachwelt die Eriuuerung an diesen entscheidenden Tag sich so tief einprägen konnte. Kaum ein Ereignis; der bairischen Geschichte ist so volkstümlich, keines so von Sagen umsponnen worden. Während die Mün­chner Bäckerknechte ihren König in der Schlacht herausgehauen haben wollen, rühmen sich auf der andern Seite die Trautmcmnsdorfer der dreiundzwanzig Kämpfer, die sie Friedrich gestellt und von denen nur drei den Unglückstag überlebt hätten. Wie die Stadt Landshut und die Familien Grießenbeck und Trainer auf bairischer, haben die Wurmbrand auf österreichischer Seite ihre an diese Schlacht anknüpfende Wappensage. Als Bezwinger Friedrichs wird von Spätern ein Ritter Ludwigs, Albrecht Nindsmcml, genannt, und da mehrere diese Ehre beanspruchten, soll Friedrich auf Albrechts Schild klopfend, der den Rindskopf mit Ring in der Nase zeigte, den Streit mit den Worten entschieden haben:Diesem Kuhmaul hab' ich mich gelobt, das konnt ich heute weder mit Stechen noch mit Schlagen von mir bringen." Den anmuthigen Glorienschein freilich, mit dem die Sage Rindsmauls Schwager, den braven Siegfried Schwepfermann verklärt, hat die unbarmherzige Kritik schon längst