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daß man leichter über die Schatten hinwegsieht. In einem herrlichen Garten, welcher an der blauen, von violett schimmernden Bergen umsäumten Bucht von Bajä gelegen ist, ist eine Gesellschaft vornehmer Römer in schattiger Laube um einen Tisch gelagert, um nach den Freuden des Mahles das aufregende Schauspiel eines Schwertertanzes zu geuießen. Unter einem breitästigen Baume, durch dessen Blatterwerk die Sonnenstrahleu hindurchscheineu und leuchtende Cirkel auf den Boden zeichnen, ist ein langer, schmaler Teppich ausgebreitet, an dessen Langseiten je drei Schwerter in abgemessenen Zwischenräumen mit den Spitzen nach oben aufgepflanzt sind. Zwischen diesen Schwertern schwebt in rhythmischer Bewegung, welche durch eine von drei Sclavinnen in reichen Gewändern ausgeführte Musik geregelt wird, ein nacktes Mädchen von eleganter, schlanker Figur umher. Ein buntes Netz hält die Fülle ihres Haares gefesselt. Der Körper des Mädchens, offenbar die Hauptsache des ganzen Bildes, ist mit größter Sorgfalt gezeichnet und modelliert und mit außerordentlichem Raffiuemeut gemalt. Das leuchtende Blau des Hintergrundes verleiht mit feinem tiefen, ernsten Ton dein Ganzen eine kräftige Folie, welche den bunteu Vordergrund fest zusammenhält. Der Springbrunnen zur Rechten des Beschauers, die weiße Marmorbank im Mittelgrunde mit dem darüber geworfenen blanen Gewände der Tänzerin, die saftgrünen Bäume und das pikante Spiel des Sonnenlichts auf dem Erdboden nnd auf dem nackten Körper des Mädchens find glücklich zu einer höchst bestechenden Farbenharmonie znsammeugestimmt.
Auch zwei böhmische Maler von Ruf habeu wir in der Reihe der Piloty- schüler zu nennen, Gabriel Max und Varzlav Brozik. Da wir den erstern an dieser Stelle vor einiger Zeit zum Gegenstaude eines besondern Essays gemacht haben, können wir uns in diesem Zusammenhange eine nochmalige Charakteristik des wunderlichen Malers ersparen, der übrigens in den letzten zwei Jahren nichts Hervorragendes mehr geschaffen hat. Wie es heißt, soll er sich in ländlicher Zurückgezogenheit mit spiritistischen Studien abgeben, um die Resultate derselben malerisch zu verwerthen. Auch die Gemälde, durch welche sich Varzlav Brozik einen Namen gemacht hat, „Die Gesandten des Königs Ladislaus von Ungarn und Böhmen am Hofe Karls VII. von Frankreich" und „Kaiser Karls IV. Zusammentreffen mit Petrarka und Laura im Schlosse M Avignon", haben wir in unsern Berichten über die gegenwärtige akademische Kunstausstellung in Berlin einer ausführlichen Analyse unterzogen. Wir haben hier nur noch zu erwähnen, daß der Besitzer des erstern Bildes, Baron Erlanger in Paris, dasselbe großmüthig der Berliner Nativnalgalerie geschenkt hat, welche es sehr gut zur Decoration einer der noch leeren Wände ihres Treppenhauses gebrauchen kaun. In größerer Entfernung vom Beschauer werden die ungeschlachten Magyaren und Czechen vermuthlich in einem etwas milderen