ein Jahr oder zwei oder drei sitzt Mauschel im eigenen Wagen oder ist weiter nach Frankfurt, London oder Hamburg gezogen als ein geriebener Geschäftsmann.
Aber wohin bin ich gerathen in treuer Begleitung meines guten kleinen Mauschel, der einst, als er noch kaum 16 Jahre zählte, mir ein blindes Pferd für ein gesundes verkaufen wollte und ob meiner Schelte so erschreckt war „wie a verschämtes Fischel im Wasser" — sagte damals mein Leibjude. Wie anders ist doch der Mauschel hier zu Lande als der in Berlin, und doch auch wieder wie constant ist der Grundcharakter des Judenthums. Hier ist nichts von der groben Gespreiztheit des Berliner jüdischen Emporkömmlings zu finden; der litthauische Jude ist unterwürfig gegen den Höherstehenden, und äußerlich betrachtet steht ja jeder social höher als er, in gewisser Weise sogar der Bauer.
Die zahlreichen kleinen Ortschaften und die wenigen größern Städte sind wohl zu neun Zehnteln mit Juden bewohnt, die den gesammten Handel und einen großen Theil des Handwerks beherrschen. Außerdem sind gewisse Gewerbe auf dem Flachlande auch ihre Domäne, wie Krügerei, Zieglerei, Schind- lerei, Mühlengewerbe, Milchpacht; selten nur findet man auch jüdische Gutspächter. Ihre Gewerbe vertheidigen sie gegen Christen mit großem Gemeinsinn. Ich hatte einen Milchpächter, der als solcher bei mir sich gut stand uud einiges Vermögen erwarb. Wiewohl nun dadurch diese Pachtstelle ein Gegenstand des allgemeinen Neides und Strebens bei seinen Glaubensgenossen war, so wagte doch keiner von ihnen als Candidat für die Pachtung aufzutreten, solange mein Elje im Amt war, denn die ganze Judenschaft Hütte ihn für solche Concurrenz innerhalb des eignen Volkes gestraft. Wollte ich die Pachtsumme steigern, so mußte ich zuvor Elje entfernen; dann tauchten Nachfolger zu Dutzenden auch für den höhern Pachtzins auf. Wer wollte diesen Gemeinsinn tadeln, der die jüdischen Interessen überall sehr wirksam gegen die andern Gesellschaftsklassen vertheidigt? Es ist zum Theil auch diesem Gemeinsinn zu danken, wenn niemand hier ohne Juden auskommen kann. Denn jedermann hat etwas zu kaufen oder zn verkaufen, einen Rock zu bessern, ein Pferd zu beschlagen, und der Jude besorgt das lieber so billig als möglich, ehe er die Arbeit einem Christen überläßt. Am leichtesten und billigsten befriedigt man eben doch alle diese Bedürfnisse durch den Juden, vorausgesetzt, daß man des Landes kundig ist und sich nicht allzusehr von ihm betrügen läßt. Denn „billig und schlecht" ist so recht die Devise des Juden bei seiner Arbeit, und in einem Lande, das so arm ist wie Polen-Litthauen, giebt es auch immer am ehesten Leute, die billig und schlecht versorgt sein wollen. Der Großgrundbesitzer braucht den Juden zum Absatz seiner Erzeugnisse, er kann seine Milch nicht verwerthen außer in „koschern" Gefäßen, weil der Jude der Hauptconsument dieser Waare ist; er kann kein