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Das deutsche Judenthum in seiner Heimat.
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Fabrikbesitzer lebe, so ist das hier doch meine Heimat, und wollte ich von christ­lichem Tische essen, so konnte einer meiner Glaubensgenossen mich dafür an­klagen, und sie könnten mich trotz der Entfernung und meiner guten Lage zu Grunde richten. Ich selbst halte nicht an diesen starren jüdischen Satzungen fest und beklage tief den Fanatismus meiner Landsleute; aber ich muß mich eben so sehr vor ihm in Acht nehmen, wie ich ihn beklage und vernrtheile."

Diese starre Tyrannei der religiösen Satzung ist bezeichnend für die innern Verhältnisse des polnischen Jndenthnms sowohl als für die Gewalt, welche das­selbe auch in der Fremde auf seine Glieder ausübt. Das Judenthum wird in sich selbst von einer öffentlichen religiösen Meinung beherrscht, deren Gewalt kaum von einer andern Volksmeinung erreicht wird. Und so stark diese ideale Macht im Schooße des Judenthums steht, so ruht die Hand des Judenthnms auch mit nicht zu unterschätzendem Gewicht auf dem ganzen Lande, in dem es heimisch ist. Es kann nicht anders sein, als daß eine Volksklasse von so strenger innerer Regelung auch nach außen hin Kraft ausübt. Diese Voraussetzung habe ich denn auch reichlich bestätigt gefunden.

Der Jude ist nächst Beamten und Pfaffen der dritte Gewalthaber hier zu Lande. Ist doch der polnisch-litthauische Jude in ganz Europa als der Typus seiner Rasse, als der jüdischste aller Juden bekannt. Und von hier wandert der arme Manschet über die Grenze Europas oder flieht hinüber vor der Verfol­gung derer, die ihn arger Weise zu einem Kriegsmanne des russischen Staates machen wollen, oder vor demjenigen, welchem das gestohlene Pferd gehört, das er reitet. Drüben in Tilsit angekommen beginnt er das Handeln mit Lumpen, Streichhölzchen, gestohlenen Pferden, allerlei Pascherkram, bessern Falls mit Getreide oder Vieh. Und dann sieht man nach Verlauf eines Jährchens den Mauschel in Berlin auf den Straßen in schwarzer abgeschabter Kleidung um- hertrvdeln mit Shlipsen und Cigarrenspitzen, und wieder nach Jahr und Tag in bessern, aus einem Rückkaufsgeschäft erstandenen Kleidern in der Thür eines Ladens in der Elsüsser- oder Pionierstraße stehen, hinter welcher Thür aller­hand laut Pfandrecht verfallener Kram sich zeigt, über der aber in großen Buchstaben zu lesen steht:Großhandluug von englischen Blechwaaren, sowie Ein- und Verkauf von aller Art Möbeln". Und abermals übers Jahr wenn das Glück gut ist hat sich Mauschel für eignes Geld einen feinenZulunder" gekauft, bei Louis Lcmdsberger den modischsten aller Modeanzüge machen lassen, ist bekannt an der Börse und beginnt schon in Politik zu machen, Zeitungen zu lesen, imCafe Bauer" Mokka zu schlürfen. Er liest vorerst dieNord­deutsche" und denBörsencourier", dann, wenn seine Ansichten sich durch diese beiden Autoritüteu gestaltet haben, dasBerliner Tageblatt". Und wieder über Grenzboten IV. 1880. 26