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widerstrebt, ihren Fehltritt bekannt werden zu lassen. Dennoch habe sie vielleicht auf den Rath ihres Beichtvaters an das Loos ihres Sohnes gedacht, jedoch in sehr reservierter Weise, um den Zweck ihrer Anordnung bei dem Legate niemand merken zu lassen. Die allgemeine Bezeichnung in den: Testamente mit „Person", welche in dem geheimen Codieill durch einen „Knaben" erläutert werde, sei ebenfalls ein compromittierendes Anzeichen. Ihre vielfachen Legate für Ausstattungen bewiesen immer mehr, daß Beatrice, indem sie es beklagte, nicht zu rechter Zeit einen Ehemann gefunden zu haben und dadurch zu Falle gekommen zu sein, andere durch Zuwendung von Ausstattungen vor Verführung zu bewahren gesucht habe. Der Beichtvater habe vielleicht dafür gesorgt, daß das Cvdicill erst viele Jahre später eröffnet worden sei, um auf die Büßerin nicht einen noch größeren Flecken werfen zu lassen. Auch das Verinächtniß für die Amme Bernardos, für welche dieser selbst habe sorgen können, und das für die beiden andern Damen ließen immer mehr den Verdacht aufkommen, daß diese alle drei die Vermittlerinneu bei dem Fehltritte Beatrices abgegeben oder derselben bei der Geburt Beistand geleistet hätten. Wenn der Vertheidiger sage, daß Francesco seine Tochter wie eine Sclavin behandelt und im Gefängnisse gehalten habe, so scheine es ihm vielmehr, daß dies geschehen sei, um sie wegen der geheimen Geburt zu strafen.
Während aber Bertolotti in der ersten Auflage seiner Schrift noch erklärt, es möchte schwer sein zu erkennen, wer der Geliebte Beatrices gewesen und was aus dem Kinde geworden sei, geht er in der zweiten Ausgabe mit kühnen: Schritte auf der Bahn der Vermuthungen weiter. Niemand anders als der Meuchelmörder Olimpio soll der Vater des Kindes gewesen sein. Die nächste Veranlassung zu dieser Annahme scheint durch einen Bericht des herzoglich modenest- schen Agenten zu Rom, Baldassaro Paolucci vom 14. August 1599, welcher erstattet wurde, nachdem Beatrice am 10. August ein Geständniß über ihre That abgelegt hatte, hervorgerufen worden zu sein. Dieser Bericht lautete: „Die Sache der Cenci ist beendigt, uud die armen Damen, die Mutter und die Tochter, welche bisher viele Qualen ertragen hatten, haben endlich Geständnisse abgelegt, und man erwartet, daß sie in der folgenden Woche auf der Tiber- Brücke die verdiente Strafe empfangen werden. Ganz Rom war von Mitleid für das junge, noch nicht 18 Jahre alte Mädchen bewegt. Sie ist außerordentlich schön und von graziöser Haltung. Sie erhält eine Mitgift von mehr als 40000 Scudi. In all ihrer Noth hat sie großen Muth gezeigt, so daß jedermann darüber erstaunt ist. Endlich aber hat sie, nachdem die Mitschuldigen ihr gegenüber gestellt worden sind, und da sie der großen Folter nicht länger widerstehen konnte, erklärt, daß Gott nicht weiter ihr Unrecht zulassen könne und daß sie daher mit ihnen sterben wolle. Mit dem begangenen Vater-