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einer derartigen Schöpfung, Es existiert anch keine einzige bestimmte historische Nachricht über seine Mitwirkung am Dvmban. Neuerdings ist anch nachgewiesen wvrden, daß er wenige Monate vor der Grundsteinlegung in Paris weilte. Man konnte also höchstens annehmen, daß er beim Entwurf des Planes Rath ertheilt habe. Ebenso wenig aber war die Ansicht derer richtig, die in Heinrich Sussere von Köln den Schöpfer des Planes sahen, auf Gruud eiuer offenbar falsch verstandenen urkundlichen Notiz; richtig aufgefaßt, bezeichnet sie ihn n nr als Sammler für den Dombau.
(Schluß folgt.)
Musikalische Schattenbilder.
3. Die Priester des Geschmacks.
Wir haben uns bisher beklagt über die mangelhafte Organisation unserer Conservatvrien und die schlotterige Redaction der meisten Mnsikzeitnngen, und haben darauf hingewiesen, welche Gefahren diese Mißstände mit sich bringen; die einseitigste Fachausbildung bei stnpender Unwissenheit ans allen anderen Gebieten erwies sich als die Frucht der ersteren, die Irreleitung des musikali- scheu Urtheils als die traurige Folge der letzteren. Indessen, Conservatorien besuchen nur Berufsmusiker, und musikalische Zeitnngen werden selbst von solchen mehr gehalten als gelesen (leider verdienen sie nichts besseres), die Geschädigten sind daher zunächst doch immer nnr eine kleine Minorität, und es ist trotz mangelnder allgemeiner Bildung der Mehrzahl der Musiker und trotz der parteiischsten Beurtheilung ihrer Werke durch die Mnsikzeitungen doch eine erfreuliche Rührigkeit und große Productivität auf allen Gebieten der Komposition zu eonstatieren. Viel betrübender, weil weittragender sind die Folgen der ungenügenden Pflichterfüllung der eigentlichen Priester des musikalischen Geschmacks der großen Menge, der Mnsiklehrer und Musikalienhändler.
Wer ertheilt heute nicht Musikunterricht? Jeder Orchestermusiker vom Kapellmeister an bis herunter zum Posauuenblüser und Paukenschläger der untergeordnetsten Gartenkapelle giebt Privatstunden, und zwar uicht für sein Instrument, sondern für das moderne Allerweltsinstrnmeut, das Klavier. Das Klavier ist eine wirkliche Landplage geworden. Der schlimme Umstand, daß man, um Klavier zu spielen, wenig' oder gar kein musikalisches Gehör zu haben braucht, weil die Töne fix und fertig daliegen und nicht gebildet zu werden brauchen, verschuldet es, daß „eiu bischen Klimpern" heute schon zur nothwendigen Erziehung der Bauermädchen gehört, nnd daß jeder Klavierunterricht ertheilen kann, der die Beziehung der Notenzeichen zn den Klaviertasten begriffen hat. Beamten- und Offizierswittwen oder -Töchter, die sich genieren, Verkäuferinnen zu werden oder ein Pntzgeschäft anzufangen, geben zu billigen und billigsten Preisen Klavierstuuden, lediglich darauf hin, daß sie selber früher „zu ihrem