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Die Geschichte des Kölner Domes : zum 15. October 1880.
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Neubau und die Errichtung eines fünfschiffigeu Langhauses von den gegen­wärtigen Dimensionen beschlossen und der Plau dazu entworfen worden sei. Gegen die archivalischen Argumente machte Kugler geltend, daß die betreffenden Stelleu eine verschiedene Auffassung zulassen, Springer, daß es sich bei den Domherren und Stiftern von Memorien nm subjektive Meinungeu handle. Die positiven Gründe beider Forscher siud architectvnisch-technischer Natur. Kugler faud in dem monströsen Verhältniß der Höhe zur Läuge des Chvrraumes, Springer in der statischen Nothwendigkeit einer diesem colossalen Ban entsprechen­den Gegenstütze den Beweis für die ursprüngliche Absicht eines totalen Neubaues. Dagegen waudte Schnaase ein, daß wir über den alten Dom zu wenig unterrichtet seien, um über solche Fragen zn entscheiden, ferner, daß die Baumeister des Mittelalters iu Bezug auf Harmonie wie auch auf statische Gründe nicht so fernpulös gewesen seien. Auch beweise das fünfhundertjährige fragmentarische Bestehen des Domchores seine Haltbarkeit für sich allein.

Kugler und Springer stützten sich aber noch auf ein weiteres Argument. Die Ostwände des Querschiffes, welche neben dem Chor schon im 14. Jahr­hundert aufgeführt waren, und die alten Fundamente des südlichen Querschiffes zeigen klar die Absicht an, dem Querschiff die gegenwärtige Ausdehnung zu gebeu, was wiederum einem fünfschiffigeu Langhaus entspräche. Der Bau eines solchen wäre sonach von Anfang an beabsichtigt gewesen. Nun meinte Schnaase allerdings, es fehle der Beweis dafür, daß diese Aulagen, um die es sich handle, vor der Zeit, wo man den Beschluß zum Weiterball der westlichen Theile faßte, also vor dem Jahre 1319 entstanden seien; gegen die Untersuchungen Zwirners, denen zufolge diese Anlagen allerdings vor genannter Zeit und gleichzeitig mit dem Chor entstanden wären, machte er ebenfall Einwendungen; das Gegentheil ist aber auch nicht erwiesen. Man sieht, die Sache ist ziemlich verwickelt. Jeden­falls bliebe es immerhin auffallend, wenn man beabsichtigt hätte, einen so gran­diosen, prachtvollen Chor mit dem einfach gebauten alten Dome zusammen­zustellen, wenn schon ein derartiges Verfahren bei anderen Kirchen geübt wurde.

Eine endgiltige Entscheidung dies wird aus dem Dargelegten hervorge­gangen sein ist bis gegenwärtig nicht gegeben. Viele habeil sich Schnaase an­geschlossen, doch hat auch die ältere Ansicht manche gewichtige Vertreter, darunter den kürzlich verstorbenen gelehrten Kölner Archivar Dr. Ennen, den Verfasser der ausgezeichneten historischen Einleitung zu dein Domwerke voll Schmitz (1871). Ennen schließt sich der Ansicht vom ursprüuglichen Beschluß und Plan des totalen Neubaues an, erklärt aber zugleich, daß der Plan, welcher der Ausführung des Querschiffes lind des Langhauses zn Grunde gelegeil, nicht der ursprüng­liche, sondern ein im 14. lind 15. Jahrhundert nach den damaligen Vauprin- cipien veränderter gewesen sei. Welches aber der Umfang dieser Veränderungeil